Aggressive Politikverweigerung

Sehr viel über das Politikverständnis von Parteien kann man dieser Tage aus einer Pressemitteilung der SPD Rheinland-Pfalz lernen: Im Wahlkreis Bitburg-Prüm wurde Michael Billen wieder als Kandidat für die Landtagswahlen nominiert – gegen den ausdrücklichen Einsatz der CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Michael Billen, das ist der mit der Kommissarin als Tochter, die »nur aus Neugierde« für die SPD belastendes Material aus der Polizeidatenbank geladen hatte, das der Vater dann »zufällig« auf dem Rechner daheim fand.

Heike Raab, Generalsekretärin der rheinland-pfälzischen SPD, kommentiert in ihrer recht schadenfreudigen Pressemitteilung das ganze sehr markig: »eindeutiges Misstrauensvotum für die stellvertretende Landesvorsitzende«, »erste große innerparteiliche Machtprobe verloren«, »Klöckner […] hat die rote Karte bekommen« (Von der bizarr-barocken Metaphorik – »Gerade In der Eifel ist die Topografie von tiefen Tälern und großen Höhen geprägt, es weht manch scharfer Wind und viele Maare haben Untiefen, hier muss man nicht nur geländegängig, sondern geländetauglich sein. Frau Klöckner ist weder das eine noch das andere.« – soll hier auch nicht die Rede sein.)

Für die SPD (aber da ist die SPD nicht allein) ist eine eigenständige Entscheidung der Basis schlichtweg nicht denkbar. Wichtiger als innerparteiliche Demokratie, die mehr ist als »Vorstand befiehl, wir stimmen dann so ab« (vulgo »Basta«), ist »Geschlossenheit«, und jede eigenständige politische Entscheidung der Basis ist ein Mißtrauensvotum und führt zum Gesichtsverlust.

Die Pressemitteilung der SPD ist aggressive Politikverweigerung. Es geht darin nicht ein einziges Mal um Inhalte – als wäre es gerade bei der Personalie Billen nicht trivial, die inhaltliche Entscheidung des Kreisparteitags in der Luft zu zerreißen. (Sind das dann die gleichen, die sich über Parteienverdrossenheit wundern? Dazu mein Artikel »Diskursverweigerung und Dummheitsvermutung«)

Besonders apart: Links von der Pressemeldung wird Werbung für Joachim Gauck gemacht – mit dem Button »Gebt die Wahl frei«.

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