Taxikartelle

Ein besonders drängendes Thema in Dachau scheinen zur Zeit Taxigebühren zu sein: »Debatte um höhere Gebühren: Taxifahrer fordern mehr Geld« Der ganze Artikel dreht sich im wesentlichen darum, wie feinziseliert das Taxi-Kartell aufgebaut ist, wie viele Entscheidungsinstanzen es gibt – die Dachauer Taxivereinigung, die Taxi-Genossenschaft München (und weitere Taxikartelle aus dem Umland), Landratsämter und ein Kreisverwaltungsreferat – und wie die Preisbildung in Kartellen funktioniert:

Die Antragsteller aus München, Freising und Erding wollen für eine normale Fahrt in der Stadt durchschnittlich zwölf Prozent mehr, fordern für Fahrten vom und zum Flughafen jedoch ein Plus von 16 Prozent. Zusätzlich sind Gebühren für Gruppen von mehr als vier Personen (bisher erst beim sechsten Passagier) sowie für die Zahlung mit EC- und Kreditkarte vorgesehen.

Brachos hält Erhöhungen von mehr als 15 Prozent für unrealistisch […]. Außerdem würde ein solcher Vorschlag an der Zustimmung der Behörden scheitern. Auch die Genossenschaft Taxi München kritisierte die Forderungen ihrer Kollegen als überzogen: Sie will sich lieber an der Inflationsrate von sieben bis zehn Prozent seit der letzten Tariferhöhung orientieren.

Der ganze Artikel, die ganze Aufregung wäre völlig unnötig, würde man hier einfach nur Ordnungspolitik betreiben: Für einen funktionierenden Taximarkt braucht es höchstens einen Personenbeförderungsführerschein, eine TÜV-Plakette für Autos, mit denen man Personen befördern kann, und geeichte Taxameter. So hat man nur groteske Bürokratie und groteske Markteintrittshürden. (Zum Thema öffentlicher Verkehr gab’s vor zwei Jahren eine sehr interessante Folge EconTalk: Mike Munger on the Political Economy of Public Transportation.)

10 Gedanken zu „Taxikartelle“

  1. Ganz so einfach ist es nun doch nicht. Der Markt würde keinen Beförderungszwang akzeptieren. Und zu Silvester hätten nur die Städte mit der höchsten Zahlungsbereitschaft Taxen, der Rest der republik ginge leer aus.

    1. Einen fehlenden Beförderungszwang halte ich ja nicht für problematisch. Zur Vertragsfreiheit gehört auch die Freiheit, keine Verträge abzuschließen und auszusuchen, mit wem man Verträge abschließt. Zudem eröffnet eine systematische Verweigerung von Beförderung auch neue Marktlücken und Geschäftsmodelle.

      Im anderen Fall besteht das Problem einer zu großen Nachfrage und zu geringem Angebot so oder so; nur verteilt es sich bei lokalen Kartellen gleichmäßiger. Auch da scheint mir der Mechanismus der Preisbildung besser geeignet zu sein, um mit dieser Knappheit umzugehen, als das eine zentrale Planung vermag. (Und auch hier wieder: neue Geschäftsmodelle!) Und es gibt ja auch gesellschaftliche Alternativen zur privatwirtschaftlichen Deckung eines Bedarfs; warum sollten die Schützenvereine der abgelegenen Schwarzwalddörfer nicht einen Party-Shuttle-Bus organisieren?

      Gerade bei Taxen habe ich sehr wenig Skrupel, das völlig dem freien Markt zu überlassen: Das spielt sich in einem preislichen Rahmen ab, daß es im Zweifelsfall sowieso nicht die Ärmsten trifft. Und eine Liberalisierung und Deregulierung des Taximarktes würde im Zweifelsfall das Angebot erhöhen und die Preise sinken lassen.

      1. “Das spielt sich in einem preislichen Rahmen ab, daß es im Zweifelsfall sowieso nicht die Ärmsten trifft. ”

        Falsch, besonders Behinderte sind auf Taxis angewiesen.

        1. Entweder können sich Behinderte Taxis leisten – dann gehören sie nicht zu den Ärmsten. Oder sie können es nicht (oder nicht so häufig wie benötigt), dann ist das aktuelle System (das ich im Zweifelsfall wie alle Kartelle für eher kostensteigernd halte) auch nicht geeignet, dieses Problem zu lösen. Ein Sozialausgleich (noch dazu ein eher indirekter mit zweifelhaften Erfolgsaussichten) auf dem Rücken einer einzigen Gruppe (der Taxiunternehmer) scheint mir nicht die richtige Lösung zu sein: Wenn, dann gesamtgesellschaftlich, und damit eine Bezuschussung entweder aus Mitteln der Krankenkassen oder aus Steuermitteln.

          1. Ich fürchte, Du hast das alles nicht ganz durchdacht. Formuliere Mal die Ziele, die Du erreichen willst und vergleiche das dann mal kritisch. Gut ausgebildete Fahrer, die tatsächlich dort sind, wo sie gebraucht werden? Und zwar dann, wenn sie gebraucht werden? Billigere Taxen? Ohne Abzocken? Ein Element des öffentlichen Nahverkehrs, das die enorme Ressourcenverschwendung des Individualverkehrs zumindest etwas einschränkt? Lebensqualität für Senioren?

            Eine reine Marktlösung im Taxibereich hätte einige Nachteile, die für Dich persönlich keine Rolle spielen mögen aber dennoch nicht gesellschaftlich unwichtig sind.

            Ob man die Nachteile dann in Abwägung mit den erhofften Vorteilen in Kauf nehmen will, steht auf einem anderen Blatt.

            1. Warum sollte ausgerechnet der individuelle Personenverkehr nicht marktförmig funktionieren? Warum funktioniert, wenn man Deine Argumentation zu Grunde legt, so etwas wie Lebensmittelversorgung ohne staatlich hochgradig regulierte Kartelle?

              Ich zitiere immer wieder gerne aus Brad Tailors A Beginners Guide to Arguing with Statists: The Nirvana Fallacy:

              The market is self-correcting in the sense that every market failure provides an incentive for an entrepreneur to solve the problem. […]

              Markets don’t work perfectly, and there are probably even some situations in which a well-crafted piece of government intervention has the potential to improve outcomes on whatever metric of desirability you care to use. Are we, then, being mindless acolytes when we oppose government intervention even in the presence of a market failure with well-reasoned government solution?

              While there are some mindless acolytes within any group, there is a very good reason to oppose government intervention even when, in theory, it could enhance freedom and welfare. When someone points to an imperfection in the market and insists that government can solve it, they are implicitly assuming that government works perfectly. By ignoring the possibility of government failure, they are committing the nirvana fallacy.

    1. »Einen Streit mit den Behörden darüber, ob die Treppen zu den Anlegern für einander entgegenkommende Menschen zu schmal sein könnten, hat er schon hinter sich.« – ich frage mich ja, ob sich die beruflich im »Verbraucherschutz« und angrenzenden Branchen Tätigen nicht ständig wundern, daß die Leute nicht reihenweise beim Griff in die Besteckschublade sterben …

  2. In Hamburg fahren mind. 4000 Taxis durch die Gegend, dahinter stecken mind. 2000 unabhängige Unternehmer.

    Nach dem von Ihnen propagierten System gebe es auch ca. 2000 Taxirufnummern, denn es ist ja wohl kaum einzusehen, dass dem Kunden zufällig ein Taxiunternehmen über eine Telefonzentrale zugeordnet wird. D.h. vor der Fahrt mit einem Taxi telefoniert sich der Kunde erst einmal die Finger wund, bis es eines gefunden hat, welches in seiner Nähe, frei und kostengünstig ist.

    1. Das ist ja nun ein völlig triviales Problem. Menschen sind natürlich ohne staatliche Intervention und staatliche Regulierung zu Kooperation und Problemlösung fähig, erst recht, wenn es so einfach zu lösen ist wie eine Menge an Informationen zu strukturieren. Wenn es zu sinnvollen Ergebnissen und Wettbewerbsvorteilen führt, werden sich natürlich auch in einem unregulierten Markt Taxirufzentralen oder Taxigenossenschaften bilden, und im Zweifelsfall ist die Auswahl von geeigneten Anbietern wiederum eine Dienstleistung.

      Was unterscheidet das Taxigewerbe von jedem anderen? Exakt dasselbe Problem tritt auf, wenn man Essen bestellt, überhaupt einkaufen geht, einen Paketdienst auswählt, sich für einen Telefonvertrag entscheidet und so weiter.

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