Clemens Brentano – Leben und Werk

Diese Biographie wird immer noch viel geklickt – zitierfähig ist sie nicht. Es handelt sich um eine Facharbeit aus dem Deutsch-Leistungskurs von vor fast 20 Jahren. Die Datengrundlage ist das wenige, was die Schulbibliothek hergegeben hat – eine sehr zufällige, unwissenschaftliche Quellenlage.

Die Jugend (1778 – 1797)

Elternhaus

Clemens’ Vater Peter Anton Brentano wurde am 19. Dezember 1735 in Tremezzo am Comersee geboren. Seine Familie läßt sich bis ins Jahr 1220 nach Südtirol zurückverfolgen; seit 1650 sind sie in Deutschland als Kaufleute tätig. Er unterhielt in Frankfurt den »Goldenen Kopf«, ein florierendes Handelshaus. Clemens’ Mutter, Maximiliane de la Roche, ist die Tochter des kurtrierischen Kanzlers Georg Michael Frank de la Roche. In seinem Haus verkehrten Goethe, dessen Werther Maximiliane stark beeinflußte, Jakobi, Merck und Lavater; ihre Mutter war Modeschriftstellerin. Peter Anton brachte vier lebende (von insgesamt sechs) Kinder in die Ehe, mit Maximiliane hatte er zwölf Kinder, von denen einige früh starben; Clemens wurde als drittes Kind am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein geboren und nach seinem Paten Clemens Wenzeslaus, Kurfürst von Trier, benannt. Brentano ist katholisch getauft, wenn auch in seiner Familie kein ausgeprägtes religiöses Leben herrschte, wohl auch aufgrund seiner protestantischen Mutter; dennoch wird von einem gewissen vorhandenen religiösen Grundgefühl erzählt, wie Achim von Arnim anmerkt: »Ich glaube, daß ihr alle aus Ostindien stammt, aus der Bramahnenkaste, denn ihr habt doch alle etwas Heiliges an euch.«

Bei Tante Luise

Bereits Brentanos Jugend ist von der sein späteres Leben prägenden Wanderschaft gezeichnet: wechselweise lebte er zunächst bei den Eltern in Frankfurt und den Großeltern mütterlicherseits in Ehrenbreitstein, bis der Großvater durch ein kirchenkritisches Buch (1780) nach Speyer und später Offenbach ziehen mußte, blieb er bis zum Alter von sechs Jahren bei den Eltern. 1784 folgte er seiner Schwester Sophie (geboren 1776) nach Koblenz zu seiner Tante Luise, einer Schwester der Mutter, die selbst kinderlos geblieben ist.

»Der Tante Schicksal bei einem ganz verwilderten Mann hat ihr das Heimliche im Lebensumgange ganz versagt, sie ist dadurch selbst weniger gefühlig geworden für das, was die Seele angeht; sie hat eine lange Zeit in ihren Jugendjahren zwar sich müssen stählen gegen einen Mann, der wie ein großes Ungeheuer vor der Pforte aller Lebensgenüsse lag, und hätte sie auch nur selbst im besten Willen gewagt, ihm nahezutreten, so war das Ungeheuer gleich wach; ich hab’ in meinen Kinderjahren oft ihn sehen halbbetrunken hinter der Tür lauern, mit einem Messer in der Hand. Die Tante hatte damals sich so ernst zusammengenommen, daß jeder in Coblenz die größte Ehrfurcht vor ihr hegte, obschon man von der Grausamkeit des Herrn von Möhn sich leicht eine Idee machen konnte. […] Das Herz durfte dieser Tante nicht aufgehen, sie mußte mit der Form alles bekämpfen, und so ist ihr auch nur die Form im Umgange mit den Menschen geblieben. Hätte sie je mit sich selber Mitleid gefühlt, so wäre die Festung der Convenienz, in der sie sich verschanzt hielt, wie Schnee weggeschmolzen.«

Die Tante war streng zu den Kindern, lachte selten, wenn, dann nur boshaft, behandelte ihren Hund besser als die Kinder, die sie indes ohnehin nur selten sah, ermahnte sie mittags bei Tisch, ließ sie von einem sadistischen Lehrmeister unterrichten. Diese triste Zeit legt aber dennoch den Grundstein für Clemens’ Werk: er und Sophie flüchteten sich in Traumwelten und werden einander gegenseitig Stütze; ihre tiefe Freundschaft führen sie in Briefen weiter bis zu Sophies Tod 1800.

Religion, Rhein und das Idealbild Mutter

1786 kehren Sophie und Clemens nach Frankfurt zurück. Clemens wird erstmals von der Kirche beeinflußt: der Buchhalter Schwab führt ihn in das Karmeliterkloster zur Vesper, seine Mutter betet mit ihm. 1789 kam er in die Quinta des ehemaligen Jesuitengymnasiums in Koblenz, doch mehr noch als diese Schule beeinflußte ihn der Rhein, über den er Pilger kommen sah und an dessen Ufer er sich flüchtete. Er blieb nicht lange in Koblenz: 1790–1793 lebte er in Mannheim bei Direkor Winterwerber, der als zanksüchtig und gefühllos charakterisiert wird. Nach drei Jahren kehrt er zurück ins Elternhaus, wo jedoch 19. November 1793 die Mutter stirbt. Sie wird ihm ein zentrales Motiv; in vielen Werken verklärt er die Mutterrolle, idealisiert die Mutterliebe als Reinstes und Höchstes.

Lehrjahre

1794 beginnt er in Bonn sein Studium der Bergwissenschaft, das er bald unterbricht. Der Vater als Kaufmann dachte pragmatischer als die von Literaten beeinflußte Mutter, und so machte er Clemens zum Lehrling in seinem Handelshaus, eine ihm verhaßte Tätigkeit. Wieder flüchtet er sich in die Phantasie, wieder zusammen mit Sophie, mit der er in der Freizeit oft zur Großmutter nach Offenbach geschickt wurde, die ihm Geborgenheit gibt und seinen Einfällen lauscht. Im Spätherbst 1795 lebt er einige Zeit auf dem Boxberg bei Heidelberg bei einem ehemaligen Jesuiten, den er später »alter Hirte« nennt und in Walldürn zusammen mit seinem Vater und Sophie kennenlernt. Schließlich gibt sein Vater Clemens’ Lehre in die Hände seines Geschäftsfreundes Polar aus Langensalza. Dort fiel er durch ausgefallene Kleidung auf und Späße auf Kosten von Kunden und Polars Frau. 1796 schickt man ihn zurück; die aufgeklärte, philisterhafte Kleinstadt behagte ihm nicht, er beklagt sich fortwährend, beispielsweise in einem Brief an seinen Bruder Franz:

»Es ist entsetzlich, wie wenig Religion hier unter jung und alt herrscht, und welcher rasende Jakobinismus das ganze Volk, reich und arm, durchfrißt. Es ist unbeschreiblich, wenn ich dir sage, daß hier die Demokraten mit den Mainzer Clubbisten gar nicht in Parallel stehen, und daß ich noch nicht einen einzigen Menschen fand […], der nur vernünftig von der Sache gesprochen hätte, lauter echte Sansculottes, Schreier und Tober. Was das Frauenzimmer angeht, so kann man fast die Grenze der Sittsamkeit nicht so ausdehnen, daß man ihre Aufführung noch leidlich finden kann; man kann sich nicht vor der Türe sehen lassen, ohne von allen Mädchen zuerst begrüßt und bekußhandet zu werden.«

Sein Vater versucht noch einmal, ihn fürs Geschäft zu gewinnen, er langweilt sich ob der eintönigen Arbeit. Er muß einen langen Briefwechsel mit London wegen eines verlorenen Fasses Zucker führen, wird des Streites überdrüssig und malt schließlich unter die Unterschrift einen Hut, darunter zwei sich böse ansehende Köpfe mit der Beschriftung »Zwei Narren unter einem Hut,/Der dritte sie beschauen tut.« – und damit beschloß Clemens angeblich seine Kaufmannslehre. Die verhaßte Lehrzeit beeinflußte noch lange sein Werk; noch lange sollte er Anekdoten aus seiner Lehrzeit erzählen.

Die Romantik (1797–1808)

»Liebe das Leben, lebe der Liebe!«

Werke

Satiren und poetische Spiel von Maria. 1800; Godwi oder Das Steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman von Maria. 1801; Godwi oder […] Ein verwilderter Roman von Maria. Zweiter und letzter Teil. Hrsg. von den Freunden des Verstorbenen, mit Nachrichten von seinem Leben, seinen Arbeiten und seinem Tode. 1802; Die lustigen Musikanten. Singspiel von C.B. 1803; Claudia. Am Geburtstag einer Freundin. Von C.B. 1803; Ponce de Leon. Ein Lustspiel von C.B. 1804; Spanische und Italienische Novellen. Hrsg. von Sophie Brentano. Die lehrhreichen Erzählungen und Liebesgeschichten der Donna Maria de Zayas und Stotmayor. 1804; Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Liedergesammelt von L.A.v.Arnim und C.B. 1806-1808; Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerlichen Schützengesellschaft aufgenommen zur werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene Konzert- Anzeige. Nebst des Herrn BOGS wohlgetroffenem Bildnisse und einem medizinischen Gutachten über dessen Gehirnzustand. 1807

Studium

Brentano nimmt 1797 das praktische Studium der Bergwissenschaft bei Karl von Laroche, seinem Onkel auf, der die Saline in Schönebeck leitete. Während seines Aufenthalts stirbt der Vater (9. März 1797); Clemens ist entsetzt über den Gedanken, nun Vollwaise zu sein. Sein Bruder Franz übernimmt das Geschäft, er selbst geht an die Universität Halle, wo er zwei Semester Berg- und Kameralwissenschaften studiert; tatsächlich widmete er sich dem Müßiggang. 1798 geht er nach Jena, das sich zu einem Zentrum der Romantik entwickelte, um Medizin zu studieren. Er lernte die Schlegel-Brüder und Ludwig Tieck, die Philosophen Fichte und Schelling, den Physiker Ritter kennen. Auch hier findet er wenig Lust an der Wissenschaft und verbringt die Zeit mit Gitarrenspiel, Märchenerzählen, Theaterspielen, Lesen und Vorlesen. Philosophisches Denken liegt ihm nicht, seine Vorbildung ist zu gering, seine Phantasie zu stark, und so will er Jena bald verlassen.

Sophie Mereau!

Er lernt jedoch Sophie Mereau kennen, die Frau eines Professoren; von 1798 an unterhalten sie acht Jahre lang Briefkontakt. Er besucht sie häufig, liest ihr aus seinem ersten Roman (»Godwi oder das steinerne Bild der Mutter«) vor, und schließlich verliebt er sich. Er entschließt sich, zu bleiben und verkehrt im Salon von Karoline Schlegel, wo er seine Abneigung gegen die Philosophie in Spottreden gegen Schilling und Fichte kultivierte, die Nähe Friedrich Schlegels und Tiecks dagegen umso mehr suchte. Zwischen Sommer 1798 und Herbst 1800 reiste Brentano viel; zur Großmutter nach Thüringen, ins Elternhaus, über den Winter wieder nach Jena, im Sommer nach Dresden, in die sächsische Schweiz. Während dieser Reisen mit Sophie Mereau stirbt seine Schwester Sophie. Auch in der Liebe hatte er herbe Rückschläge zu ertragen: sein Werben um Minna Reichenbach wurde zurückgewiesen, er verliebt sich aufs neue in Sophie Mereau, und auch mit ihr kommt es 1800 zum Zerwürfnis, an dem Friedrich Schlegel nicht unschuldig ist.

Wieder am Rhein

1801 veröffentlicht er unter seinem Zweitnamen Maria den Godwi; er schreibt Märchen, parodiert Kotzebue in seinem Drama »Gustav Wasa«. Im Herbst besucht er seinen Freund Savigny in Marburg, der an der dortigen Universität unterrichtet. Der als »Studiermaschine« Verspottete unterrichtet mittlerweile an der dortigen Universität und wirkt durch seinen Ernst positiv auf ihn. Er nimmt ihn mit in die Heimat, verliebt sich in die Kellnerin Walpurgis und widmet ihr einige Lieder. Savigny bleibt unbeeindruckt von der auf Brentano so eindrucksvoll wirkenden Umwelt:

»Der Savigny, dessen Studiermaschine, wie ich gehofft habe, doch wenigstens hier am Rhein nicht immer im Gange sein sollte, ist stumm wie immer, sein Inneres will nicht zu Worte kommen, sondern er marschiert die Natur auf und ab und verdirbt mir alles Genießen.«

Hier beginnt er auch sein Lustspiel Ponce de Leon; außerdem legt er den Grundstein zur engen Beziehung zu seiner sieben Jahre jüngeren Schwester Bettina, mit der er in regem Briefverkehr bleibt; er schwärmt für sie und projiziert sein überirdisches Mutterbild in gewissem Maße auf sie.

Göttingen

Sein Studium indes ließ er weiter schleifen, auch in Göttingen, wohin er zum Sommersemester 1801 ging. Anders seine Dichtung: er lernte Achim von Arnim und Winkelmann kennen. Er vollendet den zweiten Teil des Godwi und widmet in Bettina, schreibt das Lustspiel »Ponce de Leon« zuende und nimmt es als Beitrag zu Goethes Preisausschreiben – erfolglos. In diesem Werk erzählt er von dem zwischen zwei Frauen hin- und hergerissenen Edelmann Don Gabriel Ponce de Leon, der sich durch die Liebe zu einem fähigen und tatkräftigen Mann entwickelt. Die Geschichte ist biographisch: Brentano ist Ponce de Leon, die große Liebe Sophie Mereau. Mit dem neuen Semester beendet Arnim sein Studium, reiste nach Süddeutschland, Brentano zunächst nach Hause, dann nach Jena zu Mereau, die sich von ihrem Mann getrennt hatte. Sie weist ihn wiederum ab, Brentano geht wieder nach Marburg. Im Sommer trifft Brentano sich mit Bettina und Arnim und tritt eine Schiffahrt über Main und Rhein an, die Clemens später im Märchen vom »Müller Radlauf« verklärt. Sprichwörtlich seine Rheinromantik, die in vielen Gedichten Ausdruck findet.

 

Nun, gute Nacht! mein Leben

Nun, gute Nacht! mein Leben,
Du alter, treuer Rhein!
Deine Wellen schweben
Klar im Sternenschein;
Die Welt ist rings entschlafen,
Es singt den Wolkenschafen
Der Mond ein Lied.

Der Schiffer schläft im Nachen
Und träumet von dem Meer;
Du aber du mußt wachen
Und trägst das Schiff einher;
Du führst ein freies Leben,
Durchtanzest bei den Reben
Die ernste Nacht.

Wer Dich gesehn, lernt lachen;
Du bist so freudenreich,
Du labst das Herz der Schwachen
Und machst den Armen reich,
Du spiegelst hohe Schlösser,
Und füllest große Fässer
Mit edlem Wein.

Auch manchen lehrst du weinen,
Dem du sein Lieb entführt,
Gott wolle die vereinen,
Die solche Sehnsucht rührt;
Sie irren in den Hainen
Und von den Echosteinen
Erschallt ihr Weh.

Und manchen lehret beten
Dein tiefer Felsengrund;
Wer dich im Zorn betreten,
Den ziehst du in den Schlund;
Wo deine Strudel brausen,
Wo deine Wirbel sausen,
Da beten sie.

Mich aber lehrst du singen,
Wenn dich mein Aug ersieht,
Ein freudeselig Klingen
Mir durch den Busen zieht;
Treib fromm nur meine Mühle,
Jetzt scheid ich in der Kühle
Und schlummre ein.

Ihr lieben Sterne decket
Mir meinen Vater zu,
Bis mich die Sonne wecket,
Bis dahin mahle du;
Wird’s gut, will ich dich preisen,
Dann sing in höhern Weisen
Ich dir ein Lied.

Nun werf ich dir zum Spiele
Den Kranz in deine Flut,
Trag ihn zu seinem Ziele,
Wo dieser Tag auch ruht;
Gut Nacht! ich muß mich wenden,
Muß nun mein Singen enden,
Gut Nacht! mein Rhein!

Nach der Rheinreise ging Arnim auf Bildungsreise in die Schweiz, nach Italien, Frankreich und England. Erst 1804 sahen sich Arnim und Brentano wieder. In der Zwischenzeit schreibt Brentano die »Chronika eines fahrenden Schülers«, das Singspiel »Die lustigen Musikanten« und beschäftigte sich mit altdeutscher Dichtung. Er hält sich in Frankfurt, Koblenz, Köln und Düsseldorf auf.

Ehe mit Sophie Mereau

Immer noch sehnt er sich nach Sophie Mereau, schließlich beginnen sie auf die Vermittlung von Clemens’ Bruder Christian hin wieder einen Briefwechsel und endlich lädt sie ihn zu sich nach Frankfurt ein. Sie reisen gemeinsam; Clemens wirbt heftig um sie. 1803 schließlich heiraten sie – in der lutherischen Kirche zu Marburg; Brentano ist vollends von der katholischen Kirche getrennt. Die Ehe ist nicht, wie er es sich erhofft hatte:

»Du mußt nicht glauben, lieber Arnim, als sei ich unglücklich oder verändert durch meine Verbindung mit Sophie; nein, ich fühle mein Dasein durch sie verschönt, aber beflügelt sehe ich es nicht. Sie ist ein gutes Kind und eine freundliche Frau, die ich liebe, aber ich bin ohne Gehilfe, ohne Mitteilung in meinem poetischen Leben, ich möchte sagen in meinem poetischen Tod.«

Sie streiten sich über Sophies »Gefallsucht« (sie benutzt Schönheitsmittel), arbeiten aber dennoch zusammen. Ihrer Freundin Charlotte von Ahlfeld gesteht Sophie, das Zusammenleben mit Clemens enthalte Himmel und Hölle, aber die Hölle sei vorherrschend. Dennoch arbeitet das Paar zusammen; sie übersetzen gemeinsam spanische und italienische Novellen; Clemens begann zu dieser Zeit seine »Romanzen vom Rosenkranz«. 1804 wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren, Achim Arial Till; nach fünf Wochen starb es. Sie übersiedeln gemeinsam nach Heidelberg, ein weiteres Zentrum der Romantik, vielgepriesen:

Der Neckar rauscht aus grünen Hallen
Und gibt am Fels ein freudig Schallen,
Die Stadt streckt sich den Fluß hinunter,
Mit viel Geräusch und lärmt ganz munter,
Und drüber an grüner Berge Brust,
Ruht groß das Schloß und sieht die Lust,
Und da ich auf zum Himmel schaut’,
Sah ich ein Gottes Werk gebaut,
Vom Königstuhl zum heil’gen Berges Rücken
Sah ich gesprengt eine goldne Brücken,
Sah ich gewölbt des Friedens Regenbogen
Und sah ihn wieder in Flusses Wogen

Des Knaben Wunderhorn

Brentano packt wieder seine Reiselust; die Ehe engt ihn ein, und er möchte Arnim, der mittlerweile in Berlin ist, besuchen. Mereau bestärkt ihn; ihr kam eine kurzzeitige Trennung nicht ungelegen. Den Herbst über war Brentano bei Arnim, verkehrte in Berlin auch mit Tieck und kam schließlich wieder am 1. Januar nach Heidelberg zurück. In Berlin begann er mit Arnim die Planung einer »Sammlung von Liedern des Volkes«, zu deren Ausführung Arnim im Mai 1805 nach Heidelberg kam. Mit großer Begeisterung stellten sie den ersten Band von »Des Knaben Wunderhorn« zusammen; Sophie Mereau war unterdessen wieder schwanger; auch das zweite gemeinsame Kind starb. Sie ernten große Anerkennung; stellvertretend ein Teil Joseph Görres’ »Wunderhornanzeige«:

»Des Knaben Horn schweigt, die Glocken verklingen, die Töne sind gestillt, das Liederspiel ist geschlossen; die das wundersame Klingen gehört, treten zusammen und besprechen, was sie vernommen. Neu war es nicht, was sie gerührt, alte, verblichene Töne waren ihnen wie eine sympathetische Schrift in der Wärme wieder aufgerichtet, wie ein Strom milder Muttermilch waren ihnen diese Gesänge in das frühe Leben geflossen und wie frisches, kühles Bergwasser aus den Brüsten der Erde. Darum haben die Herausgeber des »Wunderhorns« die Bürgerkrone verdient um ihr Volk, daß sie retteten vor dem Untergange.«

Die Arbeit am Wunderhorn sahen Brentano und Arnim als vaterländische Pflicht; Deutschland schien Napoleon ausgeliefert zu sein. Brentano war alles Militärische und Politische fremd; Arnim jedoch wollte für sein Vaterland kämpfen und zog daher zurück in seine preußische Heimat. 1806 ist Sophie Mereau wieder schwanger. Sie und das Kind überleben die Geburt nicht:

»Da hörte ich Sophie schwer, schwer atmen; sie sagte: »Lebt mein Kind?« und starb, und die Erde starb, alles starb! und ich schrie: »Arnim, Arnim!« und rang die Hände nach Deinem Bilde.«

»Ja, Sophie, die mehr zu leben verdiente als ich, die die Sonne liebte und Gott, ist schon lange tot. Blumen und Gras wachsen über ihr und dem Kinde, welches getötet durch sie, sie tötete, Blumen und Gras sind sehr traurig für mich.«

Wieder Heidelberg …

Trost spendete ihm während dieser Zeit Joseph Görres und dessen Frau Katharina; mit Görres verbindet ihn eine lange Freundschaft und gemeinsame Arbeit: 1807 schrieben sie zusammen die Satire »Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerlichen Schützengesellschaft aufgenommen zur werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene Konzert-Anzeige. Nebst des Herrn BOGS wohlgetroffenem Bildnisse und einem medizinischen Gutachten über dessen Gehirnzustand«, die sich gegen die Aufklärung und die napoleonische Gesellschaftsordnung wendet. Er geht wieder auf Reisen, unter anderem nach Holland. 1807 heiratet er Auguste Busmann – eine unglückliche Ehe, halb unbedacht geschlossen. Sie ist hysterisch, täuscht gar Selbstmordversuche vor – Brentano denkt an Scheidung, Busmanns Familie will sie aber nicht wieder aufnehmen. Clemens flüchtet sich wieder in Reisen und kam in Heidelberg wieder mit Arnim zusammen. Seine Frau brachte er unterdessen bei Frau von Ahlefeld unter. In Heidelberg befehdet er sich über die gemeinsam mit Arnim und Görres herausgegebene Zeitschrift »Zeitung für Einsiedler« mit Voß, der das Wunderhorn böswillig verrissen hatte. Er erntet großes Lob für die Übersetzung der »Chronik von Froissard«, der er seinen Stil mitzugeben wußte, wirkte als Herausgeber von Wickards »Goldfaden« und stellte nebenbei den ehelichen Frieden leidlich wieder her; de facto lebten die Eheleute getrennt. Brentano lebte zusammen mit Arnim und Görres in einem Wirtshaus am Schloßberg, dem »Faulpelz«, der sich bald zu einem Treffpunkt der Romantiker – unter anderem Eichendorff, Creutzer, Ludwig Grimm. Eichendorff charakterisiert die Wohngemeinschaft:

»Sie bewohnten einen großes luftigen Saal, dessen sechs Fenster mit der Aussicht über Stadt und Land die herrlichsten Wandgemälde, das herüberfunkelnde Zifferblatt des Kirchturms ihre Stockuhr vorstellten; sonst war wenig von Pracht oder Hausgerät darin zu bemerken. Beide verhielten sich zu Görres eigentlich wie fahrende Schüler zum Meister, untereinander aber wie ein seltsames Ehepaar, wovon der ruhige mildernste Arnim den Mann, der ewig bewegliche Brentano, den weiblichen Part machte.«

Wanderungen (1806–1814)

Werke

Der Goldfaden. 1809; Universitati Litterariae. Kantate auf den 15. Oktober 1810. 1810; Der Philister vor, in und nach der Geschichte. Aufgestellt, begleitet und bespiegelt aus göttlichen und weltlichen Schriften und einigen Beobachtungen. Scherzhafte Abhandlung aus Subskiption einer fröhlichen Tischgesellschaft, für die Mitglieder derselben, zum Besten einer armen Familie abgedruckt. 1811; Rheinübergang Kriegsrundgesang. 1814; Die Gründung Prags. Ein historisch-romantisches Drama. 1815; Das Lied vom Korporal. 1815; Aufgang des Sterns von der Katzbach, à la belle alliance. Den 19. Juni 1815. 1815; Viktoria und ihre Geschwister mit fliegenden Fahnen und brennender Lunte. Ein klingendes Spiel von C.B. 1817; Trutz Nachtigall ein geistlich poetisches Lustwäldlein, desgleichen noch nie zuvor in deutscher Sprache gesehen worden. Durch den ehrwürdigen Pater Friedrich Spee Priester der Gesellschaft Jesu. Wörtlich treue Ausgabe vermehrt mit den Liedern aus dem güldenen Tugendbuch desselben Dichters. 1817; Goldnes Tugendbuch das ist: Werke und Übungen der drei göttlichen Tugenden, des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe. Allen Gott liebenden, andächtigen, frommen Seelen nützlich zu gebrauchen, durch den P. Friedrich Spee, Verfasser der Trutznachtigall.

Wiederum: Reisen

Der Heidelberger Freundeskreis löste sich auf. Brentano reiste umher, seine Frau folgte ihm; er erging sich in Klagen und Jammern über sein Leiden, während Auguste ihn immer weiter quält. 1809 trennen sie sich endgültig, die Scheidung wird 1811 vollzogen. Brentano denkt oft mit Schaudern an die Ehe zurück; Auguste heiratet 1816 wieder und stirbt 1832 durch eigene Hand. In Landshut angekommen schließt er sich dem Kreis um Savigny und den späteren Bischof Sailer an, führt wahrscheinlich auch theologische Diskussionen. Später behauptet er, daß er in Landshut »zum Ungläubigen geworden sei«. Im April erlebt er den Krieg; Ende Juli 1809 verläßt er Landshut. Nürnberg, Bamberg, Jena, Halle, Giebichenstein sind seine Stationen auf dem Weg nach Berlin, wo er zwei Jahre blieb. 1810 heirateten Arnim und Bettina; Brentano konnte nicht bei ihnen bleiben und lebte in Berlin, verkehrte in der illustren Gesellschaft – Fichte, Schleiermacher, Schlegel, Chamisso, Fouqué, Schinkel –, blieb im Herzen aber doch einsam. Er trug sich mit dem Gedanken an viele Projekte, unter anderem der Sammlung von Volksüberlieferungen gemeinsam mit den Brüdern Grimm, wollte Maler werden, arbeitete 1810 an Kleists Berliner Abendblättern mit.

Die christlich-deutsche Tischgesellschaft

1811 begründete er die »christlich-deutsche Tischgesellschaft« mit, in der sich die vornehmen Kreise Berlins – Adel, Militär, Gelehrte, Künstler, Schriftsteller – trafen; ausdrücklich ausgeschlossen waren Juden und »Philister«. Das Programm war auf das Vaterland und die hergebrachten Werte des Christentums ausgerichtet. Brentano wird Chronist des Kreises und beliefert ihn mit Texten, so die Satire »Der Philister in, vor und nach der Geschichte«, die er bereits 1799 in Jena begonnen hatte und 1806 im Uhrmacher Bogs verwertet hat. Er verkehrt mit Eichendorff, Humboldt und Körner, nimmt an den Sitzungen von Zelters Liedertafel teil und macht sich mit patriotischen Gedichten einen Namen.

Die Romanzen vom Rosenkranz

Endlich arbeitet er auch wieder an den Romanzen vom Rosenkranz weiter, die für ihn in nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch Selbstbildnis darstellen. Dem Maler Runge schrieb er, er wolle über die Entstehung des Rosenkranzes schreiben, »ohne viel lyrischen Erguß«

Befürchten sie kein modernes, christlich gefärbtes Geklimper, das mir höchst zuwider; das Ganze ist lebendige Begebenheit, doch ohne Grundlage einer Legende, von mir erdacht, deren Schuld und Buße sich mit der Erfindung des Psalters löst … Es ist nicht dieses Lied selbst, das ich liebe, es ist die Fata Morgana über meinem versunkenen irdischen Paradiese, das Nest eines verbrannten, aber nicht wieder erstandenen Phönixes, in dessen Asche blasend ich diese gesehen habe, aber ich konnte sie nicht zeichnen, ich mußte sie singen mit gebrochener Stimme.«

Im Zuge der Romanzen beginnt Brentanos allmähliche Neubekehrung zum Katholizismus; die katholische Marienverehrung deckt sich mit seinem schwärmerischen Mutter-Ideal.

Bukowan

Ab 1810 und verstärkt ab 1811 lebt Brentano mit seinem Bruder Christian auf dem ostpreußischen Gut Bukowan, wo er sich mit undankbarem Gesinde und dörflicher Langeweile die Zeit vertun muß. Das dörfliche Leben schildert er in »Die mehreren Wehmüller und die ungarischen Nationalgesichter« Lange hält es Brentano nicht auf dem Gut; er sehnt sich nach der Großstadt und Arnim. Da er aber Christian verpflichtet war und Bukowan nicht einfach verlassen konnte, reiste er immer häufiger nach Prag, wo er sich als Theaterautor eine Existenz aufbauen wollte. Brentano lernte Barnhagen von Ense kennen, der seinem Philisterbild entsprach, mit dem ihn aber trotzdem eine gewisse Freundschaft (Haßliebe?) verband. Schließlich entzweiten sich die beiden; noch viel später schilderte er in seinen »Biographischen Portraits« Brentano äußerst unvorteilhaft. Barnhagen stiehlt im das Manuskript des Dramas »Aloys und Imelde« »als Pfand für gute Aufführung«. Immer mehr beginnt Brentano, sich nach etwas Höherem, mehr als bloßer Schöngeisterei, zu sehnen; seine Gedichte werden mystischer, existentieller. Auch dem Drama »Die Gründung Prags«, seinem dritten großen Werk, entstanden 1811 bis 1814, ist dieser Grundgedanke zueigen. Märchenhaft schildert er den Konflikt zwischen Christentum und Heidentum als Gründungsmythos; er selbst hält es für »sein bestes und vollendetstes Werk«.

Vaterlandsliebe

Brentanos Liebe zum Vaterland war immer persönlicher Natur; nicht wie bei Arnim oder Görres, die sich mehr mit großer Politik auseinandersetzen konnten, auf die großen Zusammenhänge bezogen, sondenr ganz speziell auf sein eigenes Vaterlandsempfinden; er schuf zu dieser Zeit einige vaterländische Dichtungen, wie die Festkantate zur Eröffnung der Berliner Universität:

Zu dir, zu dir, mein Vaterland!
Mein deutsches Land,
Wend’ ich jetzt Stimme, Gruß und Lied:
So lang die Sprache dich verband,
In fester Hand
Der ernsten Künste Lorbeer dir erblüht.
Mein Deutschland, du stehst ewiglich,
Tief innerlich
Verbindet dich ein hoher Weisheitstrieb,
Und deine Mauern ernstiglich
Erhalten dich;
Denn Wahrheit, Glauben, Hoffnung sind dir lieb.
Die Berge haben Eisen dir gegeben,
Und deine Schmieden Klingen,
Und deine Wälder Söhne, die sie heben
Und sie in gutem Kampfe gut auch schwingen!
Und segnet deinen Pflug das Gold der Ähren,
Des Webers Schiff die reine Flut der Linnen,
Und wissen deine Jungfraun klar zu spinnen,
Weißt du zu wehren dich und auch zu nähren:
So weißt du herrlicher doch noch zu lehren;
In deinen Kreisen stehn verbündet
Die hohen Schulen fest gegründet,
Und heben ernst ihr Haupt in hohen Ehren.

Seit 1813 lebte er in Wien; er wandte sich noch mehr dem Theater zu, mit eher geringem Erfolg. 1814 bekennt er Arnim: »Ich bin nun am Rande aller meiner Bemühungen für das Theater, es war die gutmütigste Torheit von mir, etwas dafür zu tun.« 1814 kehrt er nach Berlin zurück.

Die Kirche (1814–1824)

Auf dem Weg zur Kirche

Brentanos spirituelle Suche beherrscht ihn immer mehr; er reflektiert den unreflektierten Glauben – Kultus? – seiner Jugend, fragt nach dem wahren Christentum und vor allem seinen Standpunkt; all das erörtert er ausführlich mit Ringseis und Sailer, beide aus seinem Landshuter Freundeskreis. Sailer rät ihm, nur die Apostelgeschichte zu lesen; das tut er, liest aber noch zusätzlich Thomas von Kempis’ »Nachfolge Christi«. Aus diesem Geist entstehen ergreifende Werke wie der »Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe«.

Meister, ohne dein Erbarmen
Muß im Abgrund ich verzagen,
Willst du nicht mit starken Armen
Wieder mich zum Lichte tragen
Jährlich greifet deine Güte,
In die Erde, in die Herzen,
Jährlich weckest du die Blüte,
Weckst in mir die alten Schmerzen.
Einmal nur zum Licht geboren,
Aber tausendmal gestorben,
Bin ich ohne dich verloren,
Ohne dich in mir verdorben
[…] Herr, ich mahne dich, verschone,
Herr! ich hört in jungen Tagen,
Wunderbare Rettung wohne
Ach, in deinem Blute, sagen.
Und so muß ich zu dir schreien,
Schreien aus der bittern Tiefe,
Könntest du auch nicht verzeihen,
Daß dein Knecht so kühnlich riefe!
Daß des Lichtes Quelle wieder
Rein und heilig in mir flute,
Träufle einen Tropfen nieder,
Jesus, mir, von deinem Blute!

Exkurs: Interpretation von »Ich bin durch die Wüste gezogen«

Ich bin durch die Wüste gezogen,
Des Sandes glühende Wogen
Verbrannten mir den Fuß.
Die Sonne sog mir im Zorne
Das Wasser aus jedem Borne,
Es folgte kein Regenguß.
Ich dürste, es bringen die Dorne
Mein siedendes Blut in Fluß.
Aus zog ich mit sieben Kamelen,
Es lechzten unsere Kehlen,
Wie rette ich Weib und Kind.
Wo finde ich frische Quellen,
Die Schätze von Gold und Juwelen
Begrub im Sande der Wind.
Soll uns das Leben nicht fehlen,
O Himmel, regne geschwind!
Ich wühlte mit glühendem Schwerte
Den Kindern ihr Grab in der Erde,
Bis auf das letzte fürwahr!
Das ruht’ unterm Mutterherzen,
Bis sie es in Jammer und Schmerzen
Hinsterbend dem Tode gebar.
Es heult die Hyäne, doch erzen
Stellt mir sich das Schicksal dar.
Gern hätte ich Tränen getrunken,
Der Augen Quell ist versunken,
Oase wie liegst du so fern!
Vor Glut ist das Herz mir verglommen,
Das Ziel, ich fühl’ es gekommen,
Ich rufe zum sinkenden Stern:
Der Herr hat gegeben, genommen,
Gelobt sei der Name des Herrn!

Das Gedicht liegt in mehreren Fassungen vor; die vorliegende datiert auf 1816. Brentano schrieb dieses Gedicht nach Aufzeichnungen von Luise Hensel; deutlich ist allerdings, daß er in erster Linie persönliche Erfahrungen verarbeitet: das lyrische Ich ist mit Brentano identisch. Die Wanderung durch die Wüste entspricht seinem unsteten Wanderleben, und »Weib und Kind« sind ganz wörtlich zu nehmen: es geht um seine Frau Sophie Mereau, mit der er drei Kinder zeugt, von denen allerdings keins überlebt. Das letzte stirbt zusammen mit der Mutter bei der Geburt. Das ferne Ziel ist, typisch für die Romantik, die Religion, das Göttliche, der Himmel. Die Wüste ist, wie das Meer, Symbol für das gesamte Leben (Man beachte auch die Kamele: Wüstenschiffe!), aber weniger hoffnungsvoll als das immerhin aus dem Lebensquell Wasser bestehende Meer. Die Wüste steht für Vergeblichkeit, Ausgesetztsein, Verlorensein. Das lyrische Ich ist der unbarmherzig sengenden Sonne ausgesetzt, die alles Wasser (und damit alle Hoffnung) aus ihm zieht. Warum befindet sich das lyrische Ich in der Wüste? Anhaltspunkte finden sich in der zweiten Strophe: von »Schätze[n] von Gold und Juwelen« ist da die Rede, die der Wind »begrub im Sande«. Der Protagonist war also auf Schätze aus und hat sich damit ins Verderben gebracht. Biblische Bezüge bieten sich an:

»Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz«

Mt 6, 19ff

»Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Welchen Vorteil hat der Mensch von all seinem Besitz, für den er sich anstrengt unter der Sonne?«

Koh 1, 2f

Mittlerweile bereut er aber sein sinnloses Streben nach Reichtum, er ist am Boden zerstört, geht in Büßergesten (er ist barfuß: »Des Sandes glühende Wogen/verbrannten mir den Fuß«) und hat sein irdisches Leben aufgegeben, um sich Gott anzuempfehlen, denn er hat aufgegeben, auf die so fern liegende Oase zu hoffen. Er hat sich in seinen Tod und sein Schicksal gefügt wie Hiob, und er spricht auch in den Worten Hiobs:

»Nackt kam ich hervor aus dem Schoß meiner Mutter; nackt kehre ich dahin zurück. Der Herr hat gegen, der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn.«

Ijob 1, 21

Formal fällt die strenge Komposition des Gedichtes auf: vier Strophen mit identischem Reimschema (a/a/b/c/c/b/c/b) und stark daktylisch geprägtem dreihebigen Versmaß. Bei genauerer Betrachtung schwankt diese eindeutige Metrisierung: hier und da könnte man schwebende Betonungen einfügen; andere Betonungen wären ebenso möglich. Besonders beim lauten Lesen bemerkt man die Kunstfertigkeit Brentanos: obwohl das Gedicht unzweifelhaft von höchster ästhetischer Qualität ist, wirkt es nüchtern und fast prosaisch: Enjambements wirken oft, als zerstückelten sie den lyrischen Rhythmus zugunsten eines prosaischen; nicht so bei Brentano. Er schafft es, fast ohne Enjambements (mit Ausnahme der ersten und dritten Strophe) diese prosaische Stimmung zu erzeugen. Die einzelnen Verse sind größtenteils abgeschlossene Satzteile und erzeugen einen natürlichen Sprechrhythmus; selten ändert er den Satzbau zur Betonung ab (»Das Ziel, ich fühl’ es …«). Eindrucksvoll auch die Vokalfärbungen: der Wechsel von dunklen und hellen, langen und kurzen Vokalen erzeugt eine wiegende, monotone Stimmung, noch unterstützt durch das Versmaß. Die Sprache ist wenig blumig; die Naturgewalten werden personifiziert, und weiter ist da keine bildschwangere Sprache. Interessant ist, daß dieses Gedicht in einer weitaus längeren Version existiert unter dem Titel »An den Engel in der Wüste«, die weitaus mehr polarisiert: das Schicksal in der Wüste wird düsterer geschildert, mit brutaleren Bildern, aber das Ende weitaus positiver: nicht die bloße Überantwortung in Gottes Hand, sondern die glorreiche Einführung einer Engelsgestalt und das Schauen des Himmels beenden das längere Werk. Mit dem Engel kann man Luise Hensel identifizieren, in der Brentano tatsächlich diesen rettenden Engel in der Wüste sah.

Luise Hensel – Engel in der Wüste

»Ich fühle durch und durch, daß mir religiös nicht zu helfen ist als durch das Anschließen an einen Menschen, dem ich unbedingt vertraue und den ich innigst liebe, und daß ich dann allen eignen Willen aufgebe und ihm gänzlich folge wie ein Knecht. […] Dieser müßte mich an sich bannen durch die göttliche Atmosphäre der Unschuld und Frömmigkeit und mich leiten wie einen freiwilligen Blinden, denn mir selbst kann ich nicht trauen.«

Trotz alledem führten weder Ringseis noch Sailer seine Bekehrung herbei; maßgeblich war Luise Hensel, protestantische Pfarrerstochter, Brentanos einzige wirklich Liebe neben Sophie Mereau. Brentano und Hensel lernen sich bei einem Gesellschaftsabend des Staatsrates Stägemann kennen, wo Brentano lesen sollte. Er verspätete sich, und man sprach über ihn, nicht immer nur gutes. »Geistreich ist er, das muß man ihm lassen«, war dennoch die Grundstimmung. »Wenn Brentano nichts weiter ist als geistreich, so kann er dabei doch ein sehr erbärmlicher und unglücklicher Mensch sein«, sprach Hensel, und Brentano trat ein, sah sie düster an, sagte »Guten Abend.«. Im Verlauf des Abends las Brentano aus seiner Viktoria und der Gründung Prags und versprach, in der nächsten Woche wiederzukommen. Hensel und Brentano kamen sich näher; sie, damals noch Protestant, suchte geistlichen Beistand von ihm, dem Katholiken – und tatsächlich war es genau umgekehrt: er bedurfte ihrer Hilfe. Sie wollte ihn zurückweisen, konnte er doch ihr keine Unterstützung geben – nicht einmal einen Katechismus findet er in seiner Bibliothek, den er ihr geben könnte. Er aber sieht in ihrer offenen Gottesbeziehung das, wonach er sich sehnt; er erkennt, daß er ihres geistlichen Beistandes bedarf. Besonders beeinflußt haben ihn ihre geistlichen Lieder, wie er auch seinem Bruder Christian schreibt:

»Du mußt mir erlauben, den folgenden Liedern, deren Abschrift ich Dir aus inniger Liebe überlasse, einige Worte mit auf den Weg zu geben, indem ich Dir sage daß sie das Liebste und mir das Wohltätigste geworden sind, was mir von menschlichen Händen in meinem Leben zugekommen ist. Als ich verwüstet, geängstigt, im Innern unheilbar krank, erstarrt gegen Gott und geekelt gegen die Welt, wie in einer pfadlosen Traumöde im verderbten Leben stand und verzweifelt an mir selbst, ohne Lust am Bösen und Guten, nichts war als ein toter Mensch: hat der schwer geprüfte, bestandene kindliche Geist, der diese Lieder aus inniger Liebe zum Herrn gesungen, sich meiner, wie der Samariter des unter die Räuber gefallenen, rücksichtslos auf manche Schmach, erbarmt, und ohne Absicht, ohne Vorbewußtsein einer Heilungskraft, mich aufgerichtet, geduldet, gestärkt und zur Heilung geführt. Diese Lieder haben zuerst die Rinde über meinem Herzen gebrochen, durch sie bin ich in Tränen zerflossen, und so sind sie mir in ihrer Wahrheit und Einfalt das Heiligste geworden, was mir noch immer das innerlich Erweckendste und Beweglichste ist, das mich stündlich mahnet und tröstet, mit. Ob es die Macht des unschuldigen drängenden Gefühls ist, aus dem sie entsprungen, ob es der Moment ist, in dem sie mir begegneten, der sie mir so erbauend macht, weiß ich nicht; aber es hat nie ein menschlich Wort so gerührt, und wo ich gehe und stehe, liegt der Vers in meinen Ohren:

»Immer wieder muß ich lesen
In dem alten, heil’gen Buch,
Wie der Herr so mild gewesen,
Ohne List und ohne Trug.«

Dich hat der barmherzige Gott mit wundervollen Stimmen gerufen; er hat für jedes Herz einen anderen Schlüssel, ich übergebe Dir hier den, mit welchem er zu mir gekommen. Du hast mir auch Deine Wege brüderlich gezeigt, möge in uns ein Vertrauen erwachen, das uns beiden hilft dahin, wo allen Heil ist.«

Brentanos Wandel kommt endgültig am 27. Februar 1817: er legt beim Probst Ambrosius Taube seine Generalbeichte ab. Endlich empfindet er wieder die »fromme, freudige Bangigkeit« seiner Jugend. Er empfindet eine tiefe, reine Liebe zu Luise Hensel; bei ihr fühlt er sich geborgen. Später faßt er diese Liebe in ein Gedicht:

Ich weiß wohl, was dich bannt in mir,
Die Lebensglut in meiner Brust,
Die süße zauberhafte Zier,
Der bangen tiefgeheimen Lust,
Die aus mir strahlet, ruft zu dir,
Schließ mich in einen Felsen ein,
Ruft doch arm Lind durch Mark und Bein:
»Komm, lebe, liebe, stirb an mir,
Leg’ dir diesen Fels auf deine Brust,
Du mußt, mußt.«

Schließlich will er sie heiraten. Sie lehnt ab. Er tobt:

»Vergeblich! muß ich schreien, das entsetzliche Wort, wenn Du in meiner Gegenwart aussprichst: Ich habe bis jetzt auf der Welt nichts genützt, ich will nützlich werden und dies und jenes tun. Fahr hin in Deiner Heiligkeit, Du Törin, Du Wahnsinnige; aber ich sage Dir hier in die Seele, wenn Du vor den Herrn kommst, wird er Dich fragen »Wo hast Du das Herz dessen, den ich Dir übergeben habe?« und ich werde Dir nachschreien mein Vergeblich bis jenseits der Ewigkeit.«

Er schreibt eine Reihe von Gedichten, die seine Seelennöte ausdrücken, mit bezeichnenden Titeln wie »Wiegenlied eines jammernden Herzen«, »Einsam will ich untergehn«, »Schweig, Herz!«, doch schließlich fügt er sich in sein Schicksal und verkehrt mit Hensel auf rein freundschaftlicher Basis. In dieser Zeit entstehen einige von Brentanos schönsten Werken, unter anderem die Erzählung vom »Braven Kasperl und dem schönen Annerl« unter dem Motto »Tue Deine Pflicht und gib Gott allein die Ehre«, eine Geschichte über einen Kindermord, den Selbstmord eines Unteroffiziers und nach einem alten Volkslied. Er veröffentlichte einige alte Werke, so zum Beispiel die Chronika, er schreibt theoretische Werke zur Dichtung und ihrem Verhältnis zur Religion, zum Lob von Gebet und Gesang.

In der Kirche

Anna Katharina Emmerich – Die stigmatisierte Nonne

Schon 1815 erfuhr Brentano das erste mal von der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerich; 1818 besucht sie sein Bruder Christian in Dülmen und berichtet voller Begeisterung von ihr. Auch Clemens macht sich auf zu ihr, wenn ihm auch die Trennung von Hensel schwerfällt. Er reist rastlos, durch Kassel, ohne die Brüder Grimm, seine alten Freunde, zu besuchen, kehrt kurz in Sondermühlen bei Graf Friedrich Stolberg, von dem er das erste mal von Emmerich gehört hatte, ein, über Münster nach Dülmen. Emmerich erwartet in schon freudig. Begeistert von ihrer frommen und schlichten Art, beschließt Brentano, hierzubleiben. Er berichtet in Briefen in die Heimat begeistert von den Visionen und Trancen der Nonne, geht ganz in ihrer Betrachtung und der Sammlung ihrer Gesichte auf. Schließlich beschließt er, Priester zu werden; erst hier vollzieht sich der Wandel seines Glaubens zum orthodoxen Katholizismus hin: er glaubt an das sichtbare Priestertum, sichtbare Sakramente, an die Kirche als sichtbare Gemeinschaft. Schnell vergeht die Zeit, die er eigentlich zu bleiben gedachte – fünf Jahre schließlich blieb er an ihrem Krankenbett, und endlich hat er seine Berufung gefunden: er zeichnet ihre Gesichte auf und bringt sie in Form, und den Menschen Zeugnis göttlicher Liebe zu geben. Von seiner Vergangenheit distanziert er sich, er reißt nur einmal nach Berlin, um seine Angelegenheiten zu ordnen.

Poesie, die Schminkerin,
Nahm mir Glauben, Hoffen, Lieben,
Daß ich wehrlos worden bin,
Nackt zur Hölle hingetrieben.
Nur ein Schild blieb unbewußt
Mir noch aus der Unschuld Tagen.
Heil’ge Kunst, auf Stirn und Brust
Ein katholisch Kreuz zu schlagen.

Außer seinem viermonatigen Aufenthalt in Berlin bliebt er noch einmal über längere Zeit weg von Dülmen, als er seine Familie in Frankfurt besuchte, wo sein frommer Wandel wohlwollend aufgenommen wird. Auch wenn er von Görres als »Stadt- und Hauspoet« bezeichnet wird und fröhliche Feiern zu gestalten weiß – so die silberne Hochzeit seines Bruders Franz –, empfindet er keine tiefere Freude; alles außer der Religion scheint ihm schal und sekundär; in der Gesellschaft findet er nur wenige echte Freunde, darunter besonders den Dichter Böhmer, den er stark beeinflußt durch seine Dichtung und seinen Glauben, aber nicht so stark wie gewünscht; im August 1823 kehrte er nach Dülmen zurück. Er hatte Anna Katharina Emmerich während einer Zeit schwerer Krankheit verlassen, sah er doch seine Hauptaufgabe in der Aufzeichnung ihrer Gesichte; in ihrem Zustand jedoch war dies nicht möglich. Als er zurückkam, besserte sich zunächst ihr Zustand. Im Februar 1824 stirbt sie. Brentano versinkt wieder einmal in tiefer Trauer.

Die letzten Wege (1824–1842)

Werke

1829; Das Mosel-Eisgang-Lied von einer wunderbar erhaltenen Familie und einem traurig untergegangenen Mägdlein in dem Dorfe Lay bei Koblenz am 10.2.1830. 1830; Die Barmherzigen Schwestern in bezug auf Armen- und Krankenpflege. Nebst einem Bericht über das Bürgerhospital in Koblenz und erläuternden Beilagen. 1831; Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christi. Nach den Betrachtungen der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Augustinerin des Kosters Agnetenberg zu Dülmen († 9.2.1824) nebst dem Lebensumriß dieser Begnadigten . 1833; Dass.: […] Durch die Mitteilungen über das letzte Abendmahl vermehrte zweite Auflage. 1834; Gockel, Hinkel und Gackeleja. Märchen. 1838; Bei dem Hingang der lieben Freundin und Mutter an die Hinterlassenene. Vom 29.11.bis 1.12 1838; Legende von der heiligen Marina, ein Gedichte von C.B. 1841.

Erneutes Wandern

Nach Emmerichs Tod beginnt er erneut sein Wanderleben; er will Priester werden, was allerdings an kanonischen Hindernissen scheitert. Zunehmend entfremdet er sich von Achim von Arnim und Bettina. 1824 lernt er Hermann Joseph Dietz, Stadtrat in Koblenz, kennen, der ihn sehr schätzt:

Es ist ihm mit dem, was er sagt und tut, wahrhaft ernst. Er ist innerlich gegründet, klar, ohne alle Schwärmerei, und nur wegen einiger Äußerlichkeiten in Verdacht. Auch ist von theologischen und pietistischen Faseleien gar keine Ader an ihm, und er hält und weiset ganz einfach zur Kirche, wie diese es seit 1800 Jahren tut.

Die beiden wohnen zusammen in Koblenz, wo sie ein Armenhospital gründen, für das Brentano reichlich spendet (allein 1833 5000 Gulden). Sie gründen gemeinsam mit Görres den »Milden Frauenverein«. Seit 1826 steht Brentano wieder in stärkerem Kontakt mit Görres, der mittlerweile die theologische Zeitschrift »Der Katholik« herausgibt. Brentano findet gefallen an Görres’ Aufsätzen und schreibt schließlich selbst für den »Katholiken«. Nach einer Schweizreise, auf der er einige »Wunder« »besichtigte«, widmete er sich der weiteren Arbeit an seinen Märchen. 1817–1824 hatte er sie ruhen lassen; erst 1825 wird von seinem Freund, dem Geschichtsforscher Böhmer, die Veröffentlichung angestoßen; Brentano will dies zunächst nicht. Schließlich gestattet er 1827 die Herausgabe unter der Auflage, alle Erlöse den Armen zukommen zu lassen, aber wieder kommt es zu Problemen. Schließlich werden die Märchen erst 1846 postum von Görres herausgegeben. Mit Dietz reist Brentano nach Paris, einer Stadt, die ihn sehr beeindruckte, besonders die Frömmigkeit eines Schwesternordens. Er schreibt »Die Barmherzigen Schwestern« und veröffentlicht es 1831 anonym. Am 23. 11. 1828 tritt er der Rosenkranz-Bruderschaft bei, einer Frankfurter religiösen Gesellschaft; 1829 verließ er Koblenz und zog wieder nach Frankfurt, wo er sehr zurückgezogen lebte und u. a. an den Aufzeichnungen Emmerichs arbeitete, die 1833 erscheinen.

München

Im Oktober 1833 plant Brentano einen kurzen Aufenthalt in München; bis 1842 blieb er. Er fand Unterkunft bei der Familie des Malers Professor Schlotthauer, wo er sich auf recht freche weise einquartierte, aber schließlich doch gerne geduldet wurde. Er verkehrt mit Künstlern und Theologen und lernt die Malerin Emilie Lindner auf einer ihrer Gesellschaften kennen. Er verliebt sich und wirbt vergeblich um die Protestantin. Auch sein Werben um ihren Glauben bleibt zunächst fruchtlos; erst nach seinem Tod konvertiert sie. 1835 nimmt er seine Märchen wieder auf; er überarbeitet »Gockel, Hinkel und Gackeleia« (nicht unbedingt zu dessen Vorteil …) und gibt es 1838 heraus. Bald nach seiner Ankunft tritt er der »Künstlergesellschaft zu den drei Schildern« bei, die sich hauptsächlich mit deutscher mittelalterlicher Kunst beschäftigt. Er fördert arme Künstler und lernt unter anderem die Maler Overbeck und Edward Steinle kennen. Eine tiefe Freundschaft entsteht zwischen Steinle und Brentano. Steinle illustriert einige Werke Brentanos wie die »Romanzen vom Rosenkranz« und die »Rheinmärchen«. Sie inspirieren sich gegenseitig; besonders herauszuheben ist die »Legende der heiligen Marina«, die Brentano zu einem Bild Steinles schrieb. Die beiden Freunde unternehmen gemeinsame Reisen zu den Schauplätzen von Brentanos Werken bis ins letzte Lebensjahr Brentanos. Bis 1840 lebt er bei Schlotthauer, bis dieser den Platz anderweitig benötigt. Brentano lebt von da an mit Dr. Haneberg, Professor für orientalische Literatur, zusammen. Er unterstützt ihn bei der Edierung der Betrachtungen Emmerichs; Brentano spürt langsam den Tod nahen und fürchtet um die Vollendung seines Lebenswerkes.

»O, wie oft denke ich an die wirre, hilflose, schmerzensvolle Lage der seligen Emmerich; wie immer wieder ein himmlischer Friede auf die zurückkam, so reichlich, daß sie alle trösten konnte! Wie oft blicke ich um Trost und Mut nach ihr.«

Er hat ein Herzleiden; spürt beginnende Wassersucht; sein Gedächtnis läßt nach – er bereitet sich auf seine Generalbeichte vor. Er verabschiedet sich von allen seinen Freunden, entschuldigt sich für seine (echten und vermeintlichen) Verfehlungen und reist 1842 mit seinem Bruder Christian nach Aschaffenburg. Er empfängt die Sterbesakramente und stirbt schließlich am 28. Juli 1842.

»Er ist wie ein Held gestorben, und sein Kampf in der letzten Nacht war ein Heldenkampf. Mit dem Gebet des Herrn und dem Englischen Gruß hat er die Mächte der Hölle und der widerspenstigen Natur besiegt.«

August van der Meulen

Quellen

  • Dr. Wilhelm Schellberg, »Clemens Brentano«; 2. verbesserte Auflage, M. Gladbach 1922, Volksvereins-Verlag GmbH
  • diverse, »Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon«, Verlag Traugott Bautz; http://www.bautz.de/bbkl/
  • Charles G. Herbermann et al., »The Catholic Encyclopedia«, 1907–1912, Ergänzungen laufend; http://www.newadvent.org/cathen/
  • Peter Groth, »Die stigmatisierte Nonne – Anna Katharina Emmerick 1774–1824 – Eine Krankengeschichte im Zeitalter der Romantik«, 1996; http://home.snafu.de/ursnix/AKE/AKE.html

Alle Zitate sind aus Schellberg, soweit nicht anders gekennzeichnet. Neben den erwähnten Hauptquellen habe ich noch diverse Lexika (besonders hervorzuheben Harenberg und Kindler, nicht jedoch das leider nicht vollständig vorliegende Reallexikon) verwandt; die Texte sind aus dem Gutenberg-Projekt (http://gutenberg.aol.de/) übernommen und wurden mit Hilfe gedruckter Quellen überprüft. Die Bibel ist nach der Einheitsübersetzung zitiert. Die Bibliographie ist buchstabengetreu (inklusive der orthographischen und typographischen Fehler) aus dem BBKL übernommen.

4 Gedanken zu „Clemens Brentano – Leben und Werk“

  1. Sehr geehrte Damen und Herren !

    die Familie stammt nicht aus Südtirol !

    die erste Namensnennung Brentano gibt es um 1220 in einer Urkunde von Como

    der Stamm Familie Brentano-Tremezzo

    geht bis 1350 zurück

    Quelle
    Alfred Engelmann Genealogie Brentano vom Comer See

    Grüße Stefan Pusinelli

    1. How do you do, fellow kid?

      Vielen Dank für die Nachfrage. Die gewünschte Information steht am Ende des Textes.

      Peace out und mit freundlichen Grüßen

      Felix Neumann

Schreibe einen Kommentar zu Sommer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert