Zum Konradsblatt-Artikel »Erzbischof Zollitsch würdigt Hans Filbinger« (Nr. 15, S. 11) habe ich diesen Leserbrief geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Befremden habe ich im Konradsblatt und auf der Internet-Seite der Diözese von Erzbischof Zollitschs Kondolenzschreiben an die Witwe von Hans Filbinger gelesen.
Ein Kondolonenzschreiben halte ich für ein Gebot der Höflichkeit. Unverständlich ist mir aber der Ton, in dem es nach der offiziellen Pressemitteilung gehalten ist. (Ich zitiere im folgenden aus erzbistum-freiburg.de) Nachgerade skandalös erscheint mir diese Formulierung: »Filbinger habe Profil gezeigt und sein Handeln hatte klare Konturen, schreibt Zollitsch, deshalb hätten sich auch so manche Menschen an ihm gerieben.« Im Kontext der Pressemeldung stellt der Erzbischof an Filbinger vor allem seine Verwurzelung in der Kirche und sein Eintreten für christliche Werte heraus, so daß dieser Abschnitt so aussehen muß, als habe allein dies dazu geführt, daß Menschen sich an ihm gerieben hätten.
Nicht allein, dass damit die Kritiker Filbingeres diskreditiert werden: Filbinger hat vor allem in einem seine »klaren Konturen« gezeigt: Im beständigen Leugnen seiner Mitläuferschaft als Marinerichter, im beständigen Relativieren der eigenen Schuld, in von keinen moralischen Skrupeln getrübtem Verteidigen des damaligen Gesetzes. Er hat sich so gerade nicht »unerschrocken auf allen politischen Ebenen für christliche Werte und eine Gesellschaft auf dem Fundament des Evangeliums eingesetzt«. Filbingers moralisches Versagen hätte man verzeihen können, und für wir als Christen umso mehr. Es steht uns, und gerade mir als Nachgeborenem der dritten Generation, nicht an, über Filbinger wegen seiner Mitläuferschaft den Stab zu brechen. Daß er aber dieses moralische Versagen bis zuletzt geleugnet hat, ja sogar zu rechtfertigen versuchte und daß er nie ein Wort des Bedauerns für seine Taten fand, disqualifiziert ihn als leuchtendes Beispiel für Christen, trotz aller unbestrittener Erfolge als Ministerpräsident.
Der Erzbischof hat sich große Verdienste erworben in seinem Einsatz für die Seligsprechung von Max Josef Metzger, der Opfer der NS-Unrechtsjustiz wurde. Max Josef Metzger wurde erst 1997 vollständig juristisch rehabilitiert — auch wegen der von Filbinger und seinesgleichen betriebenen Verunglimpfung derjenigen, die sich im Dritten Reich tatsächlich auf dem Fundament des Evangeliums für christliche Werte engagiert haben — als »Deserteure« und »Hochverräter«.
Als Mitglied des Diözesanpastoralrats, als Diözesanleiter der Katholischen jungen Gemeinde, vor allem aber als Freiburger Christ würde ich mir wünschen, daß die Erzdiözese nicht mit Hans Filbinger, sondern mit Persönlichkeiten wie Max Josef Metzger, Gertrud Luckner und Alfred Delp in Verbindung gebracht würde.
Mit freundlichen Grüßen
Nachtrag:Der Leserbrief wurde in Nr. 25/2007 veröffentlicht.