Kasseler Hegemonialkunst

In Kassel sorgt ein Guerilla-Kunstwerk (das so guerilla gar nicht ist) für Aufsehen: Auf dem Turm der St.-Elisabeth-Kirche steht eine Skulptur von Stephan Balkenhol, eine Figur mit ausgebreiteten Armen – und das während des Hochamts. Dem kulturellen Hochamt, der documenta 13, und die Leiterin ist tief erschüttert von dieser ungenehmigten Kunst. »Schockiert«, »traurigstes Erlebnis«, »gewaltsam« sind Zitatfetzen aus dem Artikel der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine.

Die Argumentationsfigur in etwa: Wenn in Kassel während der Documenta Kunst passiert, dann wird das von der Documenta veranstaltet. (Da könnte ja jeder kommen.) Die Installation auf dem Kirchturm zerstört »gewaltsam« das Konzept des Friedrichsplatzes, der die »ökologische Perspektive« der Documenta repräsentieren solle. Und da passe eine Installation, die prominent einen Menschen darstellt, nicht dazu: »Es wird hier keine künstlerische Repräsentation des Menschen geben«, kommentiert die Leiterin der Documenta Carolyn Christov-Bakargiev.

Mehrere Aspekte befremden mich an diesem Vorgang:
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»Documenta11«

Ich war also auf der Documenta11. (Ohne Zwischenraum; man beachte die von dem Typosophen Ecke Bonk gestaltete Wortmarke!) Zur Vorbereitung habe ich wenig getan, wenn man vom Durcharbeiten von zwei Dritteln des Kurzführers absieht, im Nachhinein dann habe ich doch einiges noch mal nachgelesen. Zum Beispiel über Ecke Bonk. Ecke Bonk ist Typosoph. Ecke Bonk hat die Beschriftung der Space-Shuttles designt.

Ecke Bonk hat die Wortmarke Documenta11 gestaltet (sic!).

Wiederhole ich mich?

Das schönste Erlebnis: bei der Installation von Yona Friedman war ein Teil auf den Boden gefallen. Friedman arbeitet mit Kunststoff, das Exponat schien mir hinreichend unkaputtbar, die Anordnung auf den Tischen (Plexiglasscheiben auf Steinen) schien mir hinreichend aleatorisch. Auf die Frage an die werte Wärterin dann, ob das nicht besser wieder zurück auf den Sockel solle, die Antwort: man wart auf den Restaurator.

Ich bin ja ein großer Freund von dekadenter Bohème. Aber hätte man nicht einfach das Ding wieder hinstellen können?

Ansonsten auch eine positive Bilanz: ich bin nun stolzer Besitzer zweier DDR-Miniatur-Kunstdruck-Bände, einmal zum 60sten Jahrestag der Oktoberrevolution, einmal zum 40sten Tag des Friedens, jeweils mit einem einführenden Artikel in staatstragendem Pathos und ansonsten Plakaten zum Thema, die seltsamerweise auch nicht mal handflächengroß wirken.