Zu einem Leserbrief im Konradsblatt (Nr. 15/2008) habe ich das geantwortet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hubertus Wrobel kann in seinem Leserbrief nichts Anstößiges an der neuformulierten Karfreitagsfürbitte erkennen. Sie entspreche dem Verkündigungsauftrag, eine Kritik von außen sei eine unzulässige Einmischung in innerkirchliche Belange.
Die jüdischen Proteste halte ich für gerechtfertigt. Die Juden haben nicht irgendeine beliebige andere Religion; spätestens seitNostra aetate sollte man das nicht mehr erwähnen müssen, und bereits ihre Erwähnung in den Großen Fürbitten läßt keinen Zweifel übrig. Deren nachkonziliare Formulierung, die die Treue der Juden zu ihrem Bund mit Gott hervorhebt, aber auch auf Gottes Ratschluß in Sachen des Heils verweist, ist kein Ausdruck skrupulöser politischer Korrektheit. Die Kirche korrigiert und bereut damit eine jahrhundertealte Praxis der Verleumdung, ohne den Verkündigungsauftrag und die Bedeutung Christi zu nivellieren. Auch wenn die neue Formulierung für den alten Ritus theologisch nachvollziehbar ist: Sie reißt Gräben auf und beleidigt, indem sie, gewollt oder (hoffentlich) ungewollt, an die Tradition des christlichen Antijudaismus erinnert. Warum dieser Rückschritt? Kann so im Gottesdienst die Liebe und Zuwendung Gottes gefeiert werden? Dient es der Verkündigung, andere Religionen vor den Kopf zu stoßen?
Ich wünsche mir von den Fürsprechern der neuen Karfreitagsfürbitte ein ähnlich vehementes Eintreten für das hergebrachte Hochgebet in der ordentlichen Form des Ritus: Wo ist der Protest, wenn Christus plötzlich sein Blut nicht mehr »für alle«, sondern nur noch »für viele« gegeben haben soll? Hier löst sich die Kirche wirklich von ihrem Anspruch, Jesus als Retter aller Menschen auch allen Menschen nahezubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Nachtrag: Der Leserbrief wurde kurz darauf veröffentlicht.