It goes way back.

Dylan, Bologna 2005
Bob Dylan in Bologna, November 2005. Neuere Dylan-Konzerte sind allesamt Variationen über ein Thema, optisch wie musikalisch. CC-by 2.0, JKelly
Kaum etwas ist so unersprießlich wie die Urheberrechtsdebatte. Anstatt die Mühen der Ebene anzugehen und ins Kleinklein der praktischen und pragmatischen Fragen zu gehen, geht es ums Ganze in einer Freund-Feind-Rhetorik – seitens derer, die in ihren Augen »Urheberrechtsbefürworter_innen« sind, gegen die »Urheberrechtsgegner_innen«, die doch tatsächlich gar nicht soviel wollen. Hier ein bißchen Fair use, da ein, zwei Schranken zusätzlich eingebaut, Recht auf Remix, die Legalisierung von kleinen Zitaten und Anspielungen, und weg vom Privileg des Fotoauslöserknopfes. Hilft Dylan vielleicht?

Natürlich: Die Verteidigungslinie des Status quo ist gesäumt von Analogen, von Leuten, denen es herzlich egal ist, ob heute noch Hiphop wie weiland von Grandmaster Flash entstehen kann, die Remixes und Mashups als alberne YouTube-Spielerei sehen, denen Helene Hegemann und zu Guttenberg eine Sorte rotzlöffeliger Faulheit sind. Aber: Das sind doch auch die Leute, die die Intertextualität eines Joyce, eines Arno Schmidt schätzen (oder zu schätzen vorgeben).

Einen schönen Artikel für diese Leute habe ich in The Daily Beast gefunden: Bob Dylan’s Da Vinci Code Revealed, der noch einmal die sattsam bekannte Geschichte von Dylans großem Talent für das Verdauen und Verarbeiten von Texten anderer Leute aufgreift, um das nun wirklich transparent benannte Album Love and Theft, und natürlich um die großartige Montage-Autobiographie Chronicles. (Eine Geschichte nicht nur für die gesetzgebende Generation der Babyboomer mit großartigen Nerdizismen: »Warmuth threw himself into his new Dylan decoding project. He began studying cryptography, code-breaking and puzzle-solving books. He began crowdsourcing his finds with other Dylan fans, among them Edward M. Cook, a Catholic University associate professor who specializes in Dead Sea Scroll translations.«)

Ein wunderbarer Text, der eigentlich gut geeignet sein sollte, Verständnis für uns »Urheberrechtsgegner_innen« zu wecken, wenn intertextuelle Ebenen aus mehreren tausend Jahren in Dylans Werk aufgedeckt werden, und eine kleine Kulturgeschichte des gelehrten Zitats aufgemacht wird. (»Virgil’s response to charges of that he plagiarized Homer, as recounted in Roman historian Suetonius’ The Life of Virgil: ›Why don’t they try the same thefts? They’ll find out it’s easier to snatch Hercules’ club from him than a single line from Homer.‹«) Und schließlich sollten die Mischung aus akademischer Abgeklärtheit und Dylan’s Rotzigkeit in diesem schönen nur gut zusammengestellten Dialog doch die Babyboomer_innen in Kultur- und Contentindustrie wie Parlamenten und Parteien gut hören können:

For his part, Dylan’s only public comments on charges that he appropriated or plagiarized some of his later work came in a 2012 Rolling Stone interview and his response was explicit and unequivocal: “All those motherfuckers can rot in hell,” he said. “Wussies and pussies complain about that stuff….It’s an old thing,” he said of appropriation. “It’s part of the tradition. It goes way back.”

Thomas, the Harvard classics professor, agrees that Dylan’s pastiche approach falls within a well-established literary tradition.

(Auf seiner Homepage hat Dylan als Vorschau auf sein nächstes Album ein Sinatra-Cover gepostet: »Full Moon & Empty Arms«. Auch das kann man gut hören.)

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