Erziehung

Der Hildesheimer Bischof Homeyer hat zur Erziehung zum Querdenken aufgerufen. Nicht nur der Nationalsozialismus, sondern auch das Heute fordere zum Widerstand heraus.

Recht hat seine Exzellenz. Ob meine Eltern allerdings damit rechthaben, meiner vierzehnjährigen Schwester Ausgang bis um zwölf zu gewähren? Ich zumindest mußte mit 16 noch um elf zuhause sein. So ändern sich die Zeiten.

»Deutschnationale Possen«

Jetzt ist sie also vorbei, die Fußballweltmeisterschaft. Nicht vorbei ist die neue Selbstverständlichkeit, mit der die deutsche Fahne überall herumgetragen wird. Ich gebe es ja zu: als ich in Berlin vor dem Reichstag stand und im Wind die großen Fahnen majestätisch wehten, fand ich das auch ziemlich erhebend.

Lächerlich dagegen, was jetzt passiert:

Ich hatte letzte Woche mit meinen Gruppenkindern vor, ein ziemlich großes Bild für die Gruppenraumwand zu malen. Als wir das geplant hatten, war das Finale noch in weiter Ferne und ich rechnete fest mit einem Ausscheiden Deutschlands. Frühzeitigst.

Nix war.

Also hat meine Gruppenkinder – allesamt Mädels, man höre und staune! – plötzlich der nationalistische Furor gepackt und ich habe ein prima 140 auf 110 großes Wandbild mit großer deutscher Fahne und einem euphorischen »Deutschland!!!« (sic!) im Gruppenraum liegen, das ich als aufgeklärter linksliberaler Kritiker eines neunzehntjahrhundrigen Nationalstolzes (cf. Guido »I’m proud to be a German« W.), gelinde gesagt, scheiße fand. Nun suche ich verzweifelt nach einer Möglichkeit, dieses Machwerk, das obendrein mit einem »Bro’sis«-Schriftzug geschmückt ist, zu entfernen, ohne meine Gruppenkinder zu düpieren und goutiere derweil Slimes Epos »Deutschland muß sterben«. Ich werde wohl anmerken, daß es eigentlich schade wäre, die »Mein schönstes Ferienerlebnis«-Plakate der Mittwochsgruppe abzuhängen.

Wo sonst noch überall schwarz-rot-gold prangt: darüber Schweigen.