Heiliger Vater, Sie kommen in ein Land, in dem die christlichen Kirchen eine lebendige Rolle spielen und ich bin froh darüber.
Ich denke zum Beispiel an die katholischen und evangelischen Jugendverbände. Viele werfen ja Jugendlichen heute mangelndes Engagement oder Fixierung aufs eigene Ego vor. Damit können aber die vielen tausend ehrenamtlichen Jugendgruppenleiter nicht gemeint sein, die bei den Pfadfindern, bei der Katholischen Jungen Gemeinde, beim CVJM oder anderswo Verantwortung für Kinder oder gleichaltrige Jugendliche übernehmen. Viele junge Menschen erfahren dort, wie wertvoll es ist, sich für andere einzusetzen.
Gerade in der kirchlichen Jugendarbeit erfahren junge Menschen, wie wichtig gemeinsame Werte für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft sind und sie lernen viel über Verantwortung. Orientierung, nach der heute mit Recht gefragt wird, kann nur von Orientierten kommen. Ich habe den Eindruck, dass in der Jugendarbeit der Kirchen hier sehr viel Gutes, ja Unverzichtbares geschieht.
(Horst Köhler)
Schlagwort: Papst
Die volle Wahrheit aus dem Krokant
Fürs Krokant mußten meine Antworten gekürzt werden, hier in voller Länge.
1. Welche Rolle spielt der Papst für mich und mein Leben? Warum?
Ich halte nichts von unreflektiertem Personenkult, ich hätte nicht »Giovanni Paolo« skandiert und »Benedikt vom Herrn geschickt« rufe ich auch nicht im Ernst. Und trotzdem ist mir der Papst wichtig. Er ist ein wichtiger Teil unserer Kirche: Er garantiert die Einheit in der Vielfalt. Er ist das Oberhaupt aller Katholiken, egal ob traditionell oder progressiv, Europäer oder Afrikanerin. Durch den Papst kann die Kirche mit einer Stimme sprechen, und damit verschafft sich die Kirche weltweit Gehör. Das Amt jedoch nur als Symbol und Aushängeschild, als schickes Etikett zu verstehen, greift aber zu kurz: Er ist eben nicht nur die mehr oder weniger beliebige Heftklammer, sondern auch ganz bewußt Ordner.
Ich mag nicht in jeder Frage mit unserem Papst übereinstimmen. Aber ich bin fest davon überzeugt, daß wir einen Papst brauchen. Der Papst ist der Nachfolger des Felses, auf dem die Kirche gebaut ist. Aber so fest und unbeweglich dieser Felsen auch aussieht; wir Christen wissen ganz genau, daß Felsen sich auch bewegen.
2. Was heißt für mich Kirche? Warum?
Früher habe ich beim Credo immer geschwiegen bei der Zeile »ich glaube an die katholische Kirche«: Was soll diese Arroganz im Credo? Mittlerweile ist mir diese Zeile besonders wichtig geworden: Gerade das Katholische macht unsere Kirche aus. Kat-holisch, das heißt allumfassend. Wir sind keine Sekte, kein elitärer Kreis gegen den Rest der Welt. Kirche, das sind wir in Europa, in Deutschland, in der KjG, in unserer Pfarrei, in unserer Gruppenstunde. Und Kirche ist überall, wo wir Christen zusammenkommen. Dafür steht die katholische Kirche: Sie führt ganz unterschiedliche Spiritualitäten, Hintergründe und politische Einstellungen zusammen.
Klar: das geht nicht immer ohne Spannungen. Allen recht machen kann man es nie, und was uns skandalös erscheint, ist anderswo normal und umgekehrt. Die Kirche ist aber für alle da und besteht aus all diesen verschiedenen Meinungen, die im Kern doch alle dasselbe Ziel haben: das Reich Gottes.
Und deshalb kann ich mittlerweile stolz sagen: Ich glaube an die katholische Kirche.
Habemus Papam!
Ich weiß, ich weiß. Panzerkardinal, Gottes Rottweiler, Großinquisitor. Eines muß klar sein: als Innenminister hat man Wadenbeißer zu sein. Jetzt geht der Job aber an einen anderen, so daß auf dem Petrusstuhl nicht die Inkarnation des illiberalen Feindbildes, sondern in erster Linie einer der ganz großen Theologen unserer Zeit sitzen. Die ultraliberale Front wird natürlich wieder Wünsche über Wünsche äußern – aber, so verständlich sie sind: allzu oft gehen sie am Ziel vorbei. (Oder warum treten die Protestanten, die ja irgendwie doch überall das verwirklicht haben, was uns angeblich fehlt, noch mehr aus?)
Zum Beispiel das Frauenpriestertum. Die Prämisse ist, daß Frauen gleiche Rechte bekommen sollen und eine gleiche Teilhabe an der Macht haben sollen. Das ist natürlich richtig. Die Frage ist nur: Müssen Frauen Priester werden, um das zu haben? Ich denke nein. Im Gegenteil: Damit wird der grundlegende Fehler der Emanzipationsbewegung nur wiederholt: Männliche Rollenbilder werden verabsolutiert und damit weibliche abgewertet. Was ist das für ein Frauenbild, das Frauen nur als vollwertig ansieht, wenn sie Männerrollen ausüben? (Übrigens möchte ich damit das Frauenpriestertum nicht ausschließen: Theologisch mag es rechtfertigbar sein; das ist nicht mein Fachgebiet. Nur der üblichen politisch korrekten Begründung des Frauenpriestertums möchte ich widersprechen. Das Amt muß theologisch begründet werden.)
Trotzdem erlaube ich mir, Wünsche für unsere Kirche zu äußern: den Umgang mit Geschiedenen ändern – gerade Menschen in existentiellen Notlagen brauchen die Kirche. Die Haltung zu Kondomen verändern – nicht einmal zur Sexualmoral, zur Verhütung im weiterne Sinne, schon gar nicht zu Abtreibung, PID und Sterbehilfe: Daß die Temparaturmethode erlaubt, Kondome aber verboten sind, ist auf allzu dünnem Eis. Orden und Verbände stärken: Unter Johannes Paul II. wurden die Geistlichen Bewegungen stark gefördert. Das ist wichtig. Nur hatte ich den Eindruck, daß in diesem Zug die Orden litten, und wir Verbände waren ohnehin selten gut gelitten. Die Kirche darf keine elitäre Kernkirche sein. Die Kirche muß missionarisch Kirche sein – und dorthin wirken besonders die Verbände. (Hand aufs Herz: Die Verbände, gerade wir Jugendverbände, sind nicht mehr die bösen antiklerikalen Revoluzzer von vor 30 Jahren.)
In manus tuas, Pater
»Sono lieto, siatelo anche voi. Preghiamo insieme con letizia, alla Vergine Maria affido tutto lietamente.«
Felix sit dies natalis!
Schöner Zufall: In den heutigen Fürbitten zur Vesper findet sich im kleinen Stundenbuch diese:
Du hast Petrus deine Herde anvertraut;
– steh unserem Papst N. bei, daß er seine Brüder stärken kann.