KjGay: LGBTI-Perspektiven zum Vatikan-Fragebogen

Heute hat die KjGay, das LesBiSchwule Netzwerk der Katholischen jungen Gemeinde (mein Heimat-Jugendverband) eine Stellungnahme zur Umfrage des Vatikans zur Planung der Familiensynode veröffentlicht: Familienpastoral für alle Familien. (Disclosure: Bei der Ideensammlung und durch Kommentare am Entwurfstext war ich auch beteiligt.)

Ich finde den Text sehr gelungen, weil hier sehr deutlich, unaufgeregt und ohne viel Diplomatie Katholik_innen sehr diverser sexueller Identitäten und Orientierungen etwas dazu sagen, wie sie in der Kirche leben und Kirche sind: »Wir möchten Teil einer Gesellschaft und einer Kirche sein, in der individuelle Lebensentwürfe gelebt werden können und Menschen nicht durch ihre gelebte Liebe in Konflikte mit der kirchlichen Morallehre gebracht werden.« Das Papier macht deutlich, daß es um Liebe und Verantwortung geht – und nicht um Politik. (Auch wenn es für die Anerkennung dieser Liebe und Verantwortung leider eine gut organisierte Lobby braucht.) Nur angedeutet wird, daß die Prinzipien der katholischen Soziallehre von Personalität, Solidarität und Subsidiarität durchaus eine Sexualmoral stützen können, deren Prinzipien safe, sane, consensual sind.

Unten noch einige Ausschnitte.
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Re:alnetzpolitik

Es gab noch andere Leitthemen der re:publica, neben den Kindern (und überhaupt sind diese gefühlten Leitthemen ja alle sehr subjektiv bei diesem enormen Programm). Die Frage, wie es strategisch mit Netzpolitik weitergeht, und Kirchentagsvergleiche. Beides läßt sich auch zusammenbringen: Die Netzpolitik kann von Kirchentagen dazulernen.
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Wozu Parität?

Zur Zeit tagt in Altenberg die Bundeskonferenz der Katholischen jungen Gemeinde (KjG). Auf dem Zeitplan stehen viele Anträge, in einigen wird auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit in den Verbandsstrukturen verhandelt, das bei der KjG traditionell einen hohen Stellenwert hat. Die KjG ist 1970 aus einem Zusammenschluß aus der Katholischen Jungmännergemeinschaft und der Katholischen Frauenjugendgemeinschaft entstanden; daher auch der bisher strenge Grundsatz, Gremien geschlechterparitätisch zu besetzen. Dieser Grundsatz bröckelt: Geschlechtergerechtigkeit wird weiterhin hochgehalten, nur die alten Instrumente (Parität, geschlechtsgetrennte Konferenzen im Rahmen der allgemeinen Konferenz) werden immer mehr hinterfragt.

Bereits im letzten Jahr habe ich in der Verbandszeitschrift Moxie einen Kommentar zum Thema geschrieben – ich glaube, daß die Entwicklung damit zusammenhängt, daß die erreichte Gleichberechtigung zu einer Generation an jungen Leuten geführt hat, die die Gleichberechtigung insgesamt für erreicht halten und daher explizite Instrumente gegen immer noch wirkmächtige patriarchale Strukturen und für eine Einbeziehung möglichst diverser Sichtweisen (das ist der positive Sinn von Parität) ablehnen – das, was bei den Piraten »postgender« heißt und bei der CDU Kristina Schröder.

Mein Kommentar aus dem letzten Jahr paßt zu den aktuellen Debatten (soweit ich sie über Twitter verfolgen kann) immer noch sehr gut:

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Thomas Morus – (kein) Heiliger für die Ökumene

Heute ist nicht nur Konrad Zuse, sondern auch Thomas Morus, Patron der Politiker und der KjG; aus diesem Anlaß heute ein Text, den ich schon vor einiger Zeit für die Zeitschrift Rumms…!! des KjG-Diözesanverbands Würzburg geschrieben habe.

Ökumene ist in der KjG kein Thema. Wir beschäftigen uns mit Umwelt, mit der Einen Welt, mit Rechtsextremismus – aber Ökumene kommt kaum vor. Vielleicht kennt man vor Ort den CVJM oder eine andere evangelische Jugendgruppe. Aber wann gab es das letzte mal eine Kooperation?

Liegt das vielleicht daran, dass unser Patron der heilige Thomas Morus ist? Zur Erinnerung: Thomas Morus wurde geköpft, weil er sich weigerte, der Staatskirche Treue zu schwören, die König Heinrich VIII. von Rom abgespalten hatte. Zu Lebzeiten war der Humanist Thomas Morus ein wortgewaltiger Gegner Martin Luthers. So schreibt er in seiner Responsio ad Lutherum (Antwort an Luther), mit der er sich gegen die Reformation wandte:

Luther ist ein Mensch, in dessen Feder nichts als Verleumdungen, Lügen und Betrug steckt; in dessen Geist nichts als Gift, Schwulst und Böswilligkeit steckt; er hat nichts im Kopf außer Torheit, Wahnsinn und Irrsin; er führt nichts im Mund als Mist, Dreck und Dung.

Keine gute Basis für ein gutes ökumenisches Miteinander, scheint es. Die Zeiten damals waren andere: Noch war die Kirche im Westen geeint (die Ostkirche und die römische Kirche hatten sich schon 1054 voneinander gespalten), und Morus ging es darum, diese Einheit zu bewahren. (Ob die Sprache, der sich sowohl Morus wie Luther bedienten, dazu diente, ist eine andere Frage.)

Die Spaltung der Kirche in verschiedene Konfessionen ist heute eine Tatsache. Morus als einen Heiligen für die Ökumene zu entdecken kann heißen, diese Spaltung nicht einfach hinzunehmen: Als Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen sind wir nicht einfach Mitglied in ähnlichen, aber verschiedenen Vereinen. Thomas Morus als Heiliger für die Ökumene ist ein Stolperstein: Sein wortgewaltiges Streiten für eine einige Kirche erinnert daran, dass es immer noch ein Ärgernis ist, dass die Kirche gespalten ist. Aber heute wie zu Lebzeiten von Morus und Luther bringt es nichts, den anderen die Andersheit vorzuwerfen: Es kommt darauf an, an einem Miteinander zu arbeiten. Ein Nebeneinander der Konfessionen reicht nicht aus.

Vielleicht entdecken wir nicht trotz, sondern mit Thomas Morus Ökumene als Thema für die KjG.

Jugendschutz statt Verbotspolitik

Anscheinend als Reaktion auf meinen Artikel zur Drogenfreigabe wurde auf formspring.me die Frage gestellt, wie ich das Jugendschutzgesetz ändern würde. Lösungen habe ich keine. Aber ich sehe einiges, was falsch läuft.

Als Kernprobleme sehe ich einen übertriebenen Glauben an Regulierbarkeit, zu viel Symbolpolitik und ein veraltetes Medienverständnis.
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Weihnachtsgeschenke – Warum nicht mal was aus Kinderarbeit?

Kinderarbeit muss verboten werden. Diese Position ist einfach, moralisch einwandfrei – und falsch.

Wer so etwas fordert, macht es sich sehr bequem: Verbote haben zwar eine Auswirkung auf die Wirklichkeit – aber nicht unbedingt die, die damit erreicht werden soll. In den Ländern, in denen Kinderarbeit kein Luxusproblem ist wie bei uns (sollten 13jährige Zeitungen austragen dürfen, damit sie sich schickere Kleidung kaufen können?), arbeiten Kinder und Jugendliche sowieso. Egal, was das Gesetz sagt. Sie müssen es, damit sie und ihre Familien überleben können.
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Katechesen für Erwachsene

Der Osnabrücker Bischof Bode, in der deutschen Bischofskonferenz Vorsitzender der Jugendkommission, hat bei einer Tagung des Bonifatiuswerks eine bemerkenswerte Rede gehalten. (Jedenfalls ist bemerkenswert, was ich in den Pressemeldungen gelesen habe – die ganze Rede habe ich leider nicht online gefunden.)

Darin geht es Bode darum, eine gesamtgesellschaftliche Diaspora-Situation ernstzunehmen und daher die Glaubensbildung von Erwachsenen als erstes Ziel vor die Katechese von Kindern und Jugendlichen zu setzen: Katechesen für Erwachsene weiterlesen

Ach, FDP …

Guido Westerwelle hat mir eine Postkarte geschickt. Danke, Guido, wäre nicht nötig gewesen, ich wähle euch ohnehin. (Gründe dafür findet man bei Jan Filter im Blog.) Aber wieder habe ich mir gedacht: Ach, FDP, so doch nicht!

Warum muß die FDP schon optisch wie aus den tiefsten 80ern auftreten? Wen will man denn mit dem Mantra »Arbeit muß sich wieder lohnen« hinter dem Ofen herholen? Überhaupt, die Außenwirkung. Der lieblose Auftritt meines Kreisverbandes (»mein« ist hier ein exklusives wir – ich bin in keiner Partei Mitglied) spricht für sich. Warum wirkt das alles so bräsig? Wo ist denn da die Begeisterung für die Freiheit? 15 % hält man nicht mit schwäbischen Honoratioren allein.
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Fulda auf dem Weg zur Geh-hin-Kirche?

Aus Fulda habe ich ein paar Seiten des Bonifatiusboten mitgebracht mit der Schlußansprache von Bischof Algermissen zum Diözesantag, einer Veranstaltung, bei der es um die Zukunft der Pastoral im Bistum ging. Die Ansprache gibt es auch online.

Bevor ich die Ansprache im Zug gelesen hatte, wurde sie mir gestern abend mündlich referiert von Leuten, die live dabei waren. Ohne dieses Gespräch wäre mir die Ansprache sehr unspektakulär vorgekommen; der Stil des Boniboten vielleicht ein wenig altväterlich-hofberichterstattend (»Der Bischof entspricht dem Wunsch vieler, die gebeten haben, das „Schlußwort“ im Bonifatiusboten abzudrucken.«), aber unspektakulär: Theologische Selbstverständlichkeiten mit durchaus vorhandenem Problemhorizont:

Die gegenwärtige Not des strukturellen Umbaus besteht aus meiner Sicht vor allem darin, daß uns zumeist die Vision fehlt, wie Kirche und Gemeinden in Zukunft aussehen sollen. […] Für mich steht fest: Wer sich die Zukunft als bloße Verlängerung der Vergangenheit oder der Gegenwart vorstellt, hat es schwer, in den kirchlichen Veränderungen Gottes Geist zu erspüren.

Interessant war, wie die Rede ankam: Überhaupt nicht gut.
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Digital divide beim Bilderarchivieren

KjG 1987: Mit Soldaten über Kriegsdienstverweigerung diskutieren.
KjG 1987: Mit Soldaten über Kriegsdienstverweigerung diskutieren. Rechte: KjG-Diözesanverband Freiburg

Dieses Wochenende trifft sich der Förderverein der KjG Freiburg, um das Bilder-Archiv einzuscannen: Bilder und Dias von 1984 bis zur Durchsetzung der Digitalkamera, allesamt bestenfalls nach Film und Veranstaltung sortiert, viele Doppelte und einiges Unscharfes.

Die Teilnehmer sind alle zwischen Ende 20 und Ende 30, hälftig eher pädagogisch orientiert, hälftig IT-affin.

Der Digital divide schlägt voll zu: Die Pädagogen wollen Bilder aussortieren nach Motiv, Relevanz und Qualität, alles sauber in Kategorien sortieren. Wenn man das nämlich nicht machen würde, würde die Datenbank furchtbar unübersichtlich und unbenutzbar, und überhaupt, wer braucht schon zwanzig Bilder vom selben Kirchturm?

Die nicht unbedingt vom Lebensalter, aber vom Hintergrund her Digital natives gehen das völlig entspannt an: Alle Bilder einscannen, erstmal völlig inhaltsblind, zwar noch nach Veranstaltung sortiert, aber gerne auch Dubletten und scheinbar Unnötiges: Speicherplatz kostet ja nichts mehr, die verwendete Software kann Tagging, also alles kein Problem. Wer weiß, ob wir die Bilderserie mit der Makramee-Eule aus den 80ern nicht nochmal brauchen?

Ein völlig unterschiedlicher Zugang zu Wissen: Hier ein genuin moderner – alles hat seine Ordnung, Relevanzkriterien sind rational zu konstruieren. Dort ein postmoderner: Relevanz wird allein durch Kontext erzeugt.