Spaß und Protest

Wird die Piratenpartei diskutiert, dann geht es meistens um das Programm: Wofür steht die Partei, hat sie ein Programm, hat sie Themen (und hat sie mehr als eins), wie ist sie ins politische Spektrum einzuordnen? Es geht auch um strukturelle Fragen: Wer ist Mitglied, wer wählt sie – und warum? Ist es Protest, ist es Spaß?

Protestpartei und Spaßpartei – in diesen Frame wollen die etablierten Parteien die Piraten einpassen. Das ist korrekt. Die Piraten sind eine Protestpartei und eine Spaßpartei – aber nicht in dem Sinn, wie diese Begriffe gemeinhin benutzt werden. Protest und Spaß: Das macht die Piraten aus, und das ist ihre Stärke und ihr Beitrag zum Parteiensystem.
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Dafür braucht’s die FDP

Die Umfragen zeitigen Wirkung auf die FDP: Christian Lindner plant eine strategische Neuausrichtung und möchte soziale Akzente stärken.

Eine strategische Neuausrichtung halte ich auch für dringend nötig: Weg von der Klientelpolitik, hin zu einer liberalen Politik. Wenn »strategische Neuausrichtung« aber heißt, die Werkzeuge der anderen Parteien (weiterhin) verstärkt zu benutzen, kann das keine Zukunft haben. Das Ziel müßte eine FDP sein, die Milton Friedman hier glaubwürdig zustimmen könnte: »Ich bin nicht wirtschaftsfreundlich, ich bin für freie Marktwirtschaft, was etwas ganz anderes ist.«
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Dafür braucht’s die FDP nicht

Die Debatte um die Ausrichtung der FDP braucht es dringend. Für das, was die FDP zur Zeit abliefert, wird sie gerade zurecht abgestraft. Der Kern des Problems ist eine erratische Politik, an der sich kaum ablesen läßt, was eigentlich der Daseinszweck einer liberalen Partei ist.

Die Spitze des Eisbergs ist dabei die Bundespräsidentenfrage: Da gibt es einen Kandidaten, der mit liberaler Rhetorik zu begeistern weiß – und die FDP-Führung überläßt jegliche Entscheidung dem Koalitionspartner und unterstützt deren versicherungsvertreteresken Kandidaten. Schon an dieser Personalie kann man ablesen, daß die FDP ihre Zeit in der Opposition nicht genutzt hat, ihren CDU-Wurmfortsatzcharakter abzulegen zugunsten einer liberalen Akzentsetzung. Inhaltlich wird es noch fragwürdiger, gerade in der vorgeblichen Paradedisziplin Ordnungspolitik. Zwei Beispiele für viele: Das Steuersystem und das Sparpaket.
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Sigint 2010: Urheberrecht, Eigentum und Kunst

Auf der Sigint 2010 habe ich den Einführungsvortrag zum Panel Kommunismus oder Kommunitarismus? Voraussetzungen für und Anforderungen an ein Neues Urheberrecht gehalten. Hier der ausformulierte Vortrag und die Folien zum Download.

Um das Problem des gegenwärtigen Urheberrechts auf die Spitze zu treiben behandle ich zwei Begriffe: Eigentum und Kunst.

Das Thema Eigentum gehe ich aus einer liberalen Perspektive an; nicht nur, weil das die Denkschule ist, mit der ich vertraut bin, sondern auch aus einer politischen Notwendigkeit: Mit einer »linken« Argumentation läßt sich eine »Vergesellschaftung geistigen Eigentums« leicht begründen. (Zu unterschiedlichen Begründungs- und Kritikstrategien »geistigen Eigentums« mein Artikel »Digitalkommunismus oder liberale Avantgarde«) Es gilt, FDP und CDU zu überzeugen. (Bei einer nominell christlichen Partei wie der CDU ließe sich auch noch in der Tradition der christlichen Sozialethik argumentieren und, will man am Begriff »geistiges Eigentum« festhalten, dessen Sozialpflichtigkeit betonen. Mit der Rezeption »christlicher« Netz- und Urheberrechtspolitikansätze ist es aber in der CDU nicht weit her. Vergleiche dazu meinen Artikel /»netzpolitik.va – was die CDU vom Vatikan lernen kann«)

Das Thema Kunst habe ich gewählt, weil sich am Beispiel der Kunst alle Fragen, die auch im Alltag auftreten, radikalisieren lassen. Die »bloße« Reproduktion und Kopie eines Werks scheint intuitiv »falsch« zu sein, die Frage wird aber komplexer, wenn man die Werke etwa von Andy Warhol und Marcel Duchamps betrachtet. Kunst hinterfragt scheinbar einfache Konzepte wie »Schöpfungshöhe« und »Urheber«. Freiheit der Kunst ist eine radikalisierte Form demokratischer Offenheit.
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Ist Gott gelb?

Im aktuellen Spiegel (Nr. 47/2009, S. 39) findet sich ein Artikel unter dem aparten Titel »Gott ist gelb«. Im Bundestag hat sich eine Gruppe von Christen in der FDP-Fraktion gegründet, der 40 Abgeordnete angehören.

Das ist ungewöhnlich für die Partei, deren Existenz lange Zeit die Konfliktlinie Säkularismus–Klerikalismus gesichert hat. Religion ist für Liberale eigentlich Privatsache, und bisher hielt man es mit Max Weber, daß mit der Bergpredigt keine Politik zu machen sei. Aber es gibt auch gute Gründe für liberale Christen, nicht mit ihrem Glauben derart hausieren zu gehen.
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Tocotronic, schwarz-gelb

Der bis dato jüngste Kommentar zu Tocotronics »Pure Vernunft darf niemals siegen« auf Youtube, geschrieben von DominikDrinkhahn, lautet lapidar »Das Lied zur Schwarz-Gelben Regierung!«

Solch kryptisch-kurzen Urteile verstehe ich selten. Was will der Autor uns damit sagen? Versuch einer Deutung.
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Niebel? Entwicklung? Gar nicht mal so doof

Die kurioseste Personalie im neuen Kabinett ist Dirk Niebel als Minister im Entwicklungshilfeministerium (BMZ), das die FDP eigentlich (nach Beschlußlage von 2007) abschaffen wollte. Diese Entscheidung wird überwiegend kritisch bis entsetzt kommentiert (keine Links, Google genügt). Natürlich, ist ja die böse FDP.

Man kann die Personalie allein unter dem Machtaspekt diskutieren. Man kann die Personalie aber auch ernstnehmen: Als große Chance für die deutsche Entwicklungspolitik.
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Kabinettsarithmetik

Es tickert heftig: Die Personalfragen der Bundesregierung werden entschieden. Zur Stunde meldet tagesschau.de Schäuble als Finanzminister, Guttenberg Verteidigung und de Maizière für Innen, spiegel.de sieht für Guttenberg noch eine Wahlmöglichkeit zwischen Verteidigung und Innen, rückt von Innen aber im Ticker schon ab. Ein paar Gedanken dazu vorab:
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Bürgerrechte: Legt die CDU die FDP aufs Kreuz?

Die CDU hat sich zwar – nach dem Leipziger Programm und dem darauf aufbauenden Kirchhof-Wahlkampf 2005 – in der Wirtschafts- und Sozialpolitik sozialdemokratisiert, im Bereich innere Sicherheit und Bürgerrechte konnte sie jedoch in der letzten Legislaturperiode die SPD vor sich her treiben (wenn das denn nötig war – halb zog sie ihn, halb sank er hin).

Per FUD hat die CDU einiges durchgesetzt: Internetsperren, BKA-Gesetz, Vorratsdatenspeicherung und dabei ein beachtliches Maß an Intrigenfähigkeit an den Tag gelegt. Könnte das mit der FDP wieder passieren? Bürgerrechte: Legt die CDU die FDP aufs Kreuz? weiterlesen

So einfach ist das?

Wenn man sich als liberal outet, nicht nur als links- oder bürgerrechtsliberal, sondern wirtschaftsliberal, dann ist das tatsächlich ein Outing: Wie kann man denn nur, und in Afrika verhungern Kinder, und der kleine Mann – man muß nur Twitter, Facebook, die Presse verfolgen, um den Eindruck zu erhalten, die FDP, oder auch der »Neoliberalismus« (nehmen wir den Begriff mal nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung, sondern in der Attac-Grusel-Vokabular-Variante), sei der leibhaftige Gottseibeiuns. (Nicht daß die Klientelpartei FDP das beste Beispiel für Wirtschaftsliberalismus wäre; im Parteienspektrum sind sie aber immer noch die liberalste Variante der Sozialdemokratie, die Deutschland zu bieten hat.)

Der häufigste Vorwurf, den ich höre, wenn ich für eine freie Marktwirtschaft plädiere: Du machst es Dir zu einfach! Einfach alles liberalisieren, und es läuft von allein? Adam Smiths unsichtbare Zauberhand hat nicht viel Kredit. Macht es sich der Liberalismus zu einfach? Oder macht es sich eine politische Sicht zu einfach, die glaubt, man könne so einfach eine Gesellschaft planen? Einfach guten Willen in Politik umsetzen?
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