Ach, FDP …

Guido Westerwelle hat mir eine Postkarte geschickt. Danke, Guido, wäre nicht nötig gewesen, ich wähle euch ohnehin. (Gründe dafür findet man bei Jan Filter im Blog.) Aber wieder habe ich mir gedacht: Ach, FDP, so doch nicht!

Warum muß die FDP schon optisch wie aus den tiefsten 80ern auftreten? Wen will man denn mit dem Mantra »Arbeit muß sich wieder lohnen« hinter dem Ofen herholen? Überhaupt, die Außenwirkung. Der lieblose Auftritt meines Kreisverbandes (»mein« ist hier ein exklusives wir – ich bin in keiner Partei Mitglied) spricht für sich. Warum wirkt das alles so bräsig? Wo ist denn da die Begeisterung für die Freiheit? 15 % hält man nicht mit schwäbischen Honoratioren allein.
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Politische Geographie

Politische Landkarte nach dem Wahl-o-mat (Christopher Schuster, CC by-nc-sa)
Politische Landkarte nach dem Wahl-o-mat (Christopher Schuster, CC by-nc-sa)

Christopher Schuster hat die Wahl-o-mat-Antworten aller Parteien ausgewertet und die Übereinstimmung zwischen den Parteien visualisiert, indem er die Übereinstimmungen und Unterschiede bei der Beantwortung der Thesen so dargestellt hat, daß die Länge der Linien die Größe der Übereinstimmung abbildet, »wobei längere Linien für größere Unterschiede im Antwortverhalten der Parteien auf Wahl-o-mat stehen.«
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Gleichgeschaltet im Miniwunderland

Das Miniaturwunderland in Hamburg hat eine wunderbare kleine Sonderausstellung: Utopia 2009 – Parteivisionen im Modell. Die in Fraktionsstärke im Bundestag vertretenen Parteien durften jeweils einen Quadratmeter nach ihren Vorstellungen gestalten lassen. Die Idee ist pfiffig, die Umsetzung nicht immer.

SPD, Grüne, CSU und FDP könnten ihre Modelle wunderbar zusammenstellen. Alle finden Mittelstand, Pluralismus, Kinder, Kultur, Behinderte und Arbeitsplätze gut. Entsprechend dröge sind dann auch die Vorstellungen durch Spitzenpolitiker der jeweiligen Parteien, teilweise unfreiwillig komisch. Die SPD, die ihr Modell länglich in über sieben Minuten beschreibt, fällt am Anfang damit auf, daß sie vom »Sonnendeck im Wunderland« redet – das könnte auch aus einer Rede Westerwelles stammen über Steinmeiers Chancen aufs Kanzleramt. Der »Karneval der Kulturen« der SPD kann ohne zu fremdeln wunderbar im ökopluralistischen und lodenromantischen Trachtenumzugsberlin der CSU tanzen.
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Digitalkommunismus oder liberale Avantgarde?

Thomas vom Blog Linkswahl hat in einem Kommentar zu meinem Artikel Piraten als radikale Zentristen angemerkt, daß die Haltung der Piraten in Sachen Urheberrecht, Patente und Informationsgesellschaft eher links einzuordnen sei. (Ausführlich in seinem Blog.) Meine Antwort hier nochmal als eigenständiger Artikel, da es doch ein wenig länger geworden ist.

Man kann die Position der Piraten zu Urheberrechten, Patenten und Informationssystem natürlich als egalitär und damit links einordnen, wenn man von »Vergesellschaftung« von Wissen spricht – »digitaler Kommunismus« habe ich auch schon gelesen. Allerdings kommt bei den ganzen Digitalien noch dazu, daß sie strukturell völlig anders sind als klassisches Eigentum: Nämlich beliebig kopierbar und damit nicht der Knappheit unterworfen.
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Diskursverweigerung und Dummheitsvermutung

Politikverdrossenheit wundert mich überhaupt nicht. Wer sollte auch Politik noch ernstnehmen? Die Volksparteien, die wie das Kaninchen vor der Schlange ihrem eigenen Bedeutungsverlust zusehen, haben eine ernsthafte politische Auseinandersetzung anscheinend aufgegeben. Die CDU macht Präsidialwahlkampf und FUD-Populismus, die SPD dagegen haut dem politischen Gegner als Inhaltsersatz mit der Schippe auf den Kopf:
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Wahlprogramm? Nein danke.

Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair. (Franz Müntefering)

Zu jeder Wahl bestelle ich mir die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien. Per Post. Nicht, weil mich deren Inhalt interessieren würde. Mich interessiert, wer wie schnell verschickt und wie’s aussieht. 2005 hatte die FDP in Sachen Geschwindigkeit die Nase vorn, dieses Jahr auch. Wesentlicher Unterschied: die SPD war diesmal reichlich hinten.
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Projekt Zukunft

Wo soll ich mich hinwenden in dieser schlechten Zeit? Antworten sollten doch zumindest die Wahlprogramme geben. Also: Mail an die fünf großen. Erster Punktsieg FDP: am nächsten Tag eine Bestätigungsmail. Die anderen antworten nicht per Mail, schicken aber nach und nach ihre Programme. Zuerst SPD und FDP, als letztes die CDU.

Gleich am Anfang spannend: die SPD macht betont auf sachlich mit Zeitungspapier und dem vielbeschworenen Umbra, was alles aber sehr gewollt sachlich aussieht. Noch ein Punkt für die FDP: Statt Zeitung oder Hochglanzbroschüren (wie alle anderen) bekomme ich einen Stapel kopiertes und links oben geheftetes Papier. Meine Wahlentscheidung wächst.

Wahlverwandtschaften

Überhaupt ist es doch traurig, wie wenig in der Welt gedacht wird. Man verändert die Regierungsform, alles, alles – und das einzige, was man keinem Zweifel unterwirft, das einzig Feste ist der Glaube an die Art Entscheidung, die durch Ballotage bestimmt ist.

Søren Kierkegaard, X-4 A 65

Heute berät der Bundestag über den Antrag Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an. Das klingt erstmal nett und brand(t)neu, ist aber leider alles andere als begrüßenswert. Heißt es im Antrag noch pathetisch Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wahlrechts ab Geburt durch Änderung des Artikel 38 des Grundgesetzes und erforderlicher weiterer gesetzlicher Änderungen vorzulegen, nur leider kommt das Stellvertreterwahlrecht gleich danach durch die Vordertür: Dabei ist ein Wahlrecht ab Geburt dergestalt vorzusehen, dass die Kinder zwar Inhaber des Wahlrechtes werden, dieses aber treuhänderisch von den Eltern bzw. Sorgeberechtigten als den gesetzlichen Vertretern ausgeübt wird.

Fazit: Etikettenschwindel. Diese Lösung ist nämlich gerade kein Mehr an Demokratie, sondern vielmehr Wahltaktik. Ich behaupte: Vom Stellvertreterwahlrecht profitieren Volksparteien und hier besonders Konservative, von wählenden Kindern und Jugendlichen alternative und fortschrittliche Parteien. Mit Stellvertreterwahlrecht wird nämlich das Stimmgewicht der Wähler über 25 erhöht, während das Menschen unter 25 gleich bleibt. Menschen, die in alternativen Lebensformen wohnen (ich denke an Homosexuelle)werden mit dieser Regelung politisch noch mehr marginalisiert. (Obwohl: Adoption zum Stimmenkauf wäre eine interessante Sache.)

Interessant dürfte die statistische Verteilung sein: Es profitieren nämlich nur Eltern mit minderjährigen Kindern, also Menschen zwischen ganz grob 25 und 60 mit einem Hochplateau irgendwo in der Mitte. Das ist in einer überalterten Gesellschaft besonders fatal, da die besonders Alten schon jetzt im Bundestag (beispielsweise) prozentual deutlich unterrepräsentiert sind bei gleichzeitiger komplett fehlender Legitimation durch Minderjährige.

Als abschließendes Bonbon (mehr argumentieren möchte ich nicht, das tun die Kinderrechtszänker sehr gut) noch die Verteilung der Parteien der Antragsteller. (Hier kann man auch ablesen, wer statistisch gesehen profitieren wird.)

SPD Union Grüne FDP
11 13+1 3 19