In der FAZ (via wiesaussieht) deutet Harald Welzer den Fall Wulff als Selbstmißverständnis: Wulff verwechsle und vermenge seine Rolle als Privatmann und seine Rolle als Präsident. Welzer schreibt dieses Versäumnis Wulff als persönlichen Fehler zu. Das Rollenmißverständnis hat aber auch einen Aspekt über die Persönlichkeit im besonderen hinaus: Diese Vermengung von privater und politischer Rolle ist nicht nur persönliche Unzulänglichkeit – sie ist gleichzeitig Nebenprodukt und Desiderat eines modernen, eines piratigen Politik- und Öffentlichkeitsverständnisses.
Rollen im Postprivaten weiterlesen
Schlagwort: Digital divide
Das Ende der digitalen Politik
»Digital« heißt eigentlich nicht viel mehr als: In Zahlen codiert. Heutzutage muß »digital« als Metapher herhalten für alles, was mit IT zu tun hat. Ganz selbstverständlich spricht man von digital natives und der »digitalen Generation«.
Das ist schmissig, das ist griffig – trifft aber gerade nicht das Politikverständnis, das sich im Zuge der Digitalisierung ausbreitet: Gerade die Digitalisierung trägt dazu bei, daß Politik weniger digital ist.
Das Ende der digitalen Politik weiterlesen
netzpolitik.va – was die CDU vom Vatikan lernen kann
Die Netzpolitik der CDU ist bekanntlich verheerend. Alte Herren mit Kugelschreibern, Internetausdrucker, und überhaupt ist das Internet erstmal böse, dann virtuelle Flyerabwurfstelle, dann wieder böse und erst dann auch Chance für die Wirtschaft.
Das ist keine konservative Politik, das ist im wesentlichen populistische Realitätsverweigerung. Aber es geht auch anders: Aus dem Vatikan gab es bereits 2002 zwei hellsichtige Texte des Päpstlichen Rats für die sozialen Kommunikationsmittel (bei der Bischofskonferenz als Arbeitshilfe Nr. 163): Ethik im Internet (EiI) und Kirche im Internet (KiI).
Diese Texte sind moderner, vernünftiger und informierter als alles, was bei der CDU unter Netzpolitik firmiert. Anstatt sich per KNA-Interview an den Papst ranzuwanzen, um katholische Wähler zu überzeugen, sollte die Kanzlerin lieber diese Papiere für die CDU-Netzpolitik umsetzen.
netzpolitik.va – was die CDU vom Vatikan lernen kann weiterlesen
Digital divide beim Bilderarchivieren
Dieses Wochenende trifft sich der Förderverein der KjG Freiburg, um das Bilder-Archiv einzuscannen: Bilder und Dias von 1984 bis zur Durchsetzung der Digitalkamera, allesamt bestenfalls nach Film und Veranstaltung sortiert, viele Doppelte und einiges Unscharfes.
Die Teilnehmer sind alle zwischen Ende 20 und Ende 30, hälftig eher pädagogisch orientiert, hälftig IT-affin.
Der Digital divide schlägt voll zu: Die Pädagogen wollen Bilder aussortieren nach Motiv, Relevanz und Qualität, alles sauber in Kategorien sortieren. Wenn man das nämlich nicht machen würde, würde die Datenbank furchtbar unübersichtlich und unbenutzbar, und überhaupt, wer braucht schon zwanzig Bilder vom selben Kirchturm?
Die nicht unbedingt vom Lebensalter, aber vom Hintergrund her Digital natives gehen das völlig entspannt an: Alle Bilder einscannen, erstmal völlig inhaltsblind, zwar noch nach Veranstaltung sortiert, aber gerne auch Dubletten und scheinbar Unnötiges: Speicherplatz kostet ja nichts mehr, die verwendete Software kann Tagging, also alles kein Problem. Wer weiß, ob wir die Bilderserie mit der Makramee-Eule aus den 80ern nicht nochmal brauchen?
Ein völlig unterschiedlicher Zugang zu Wissen: Hier ein genuin moderner – alles hat seine Ordnung, Relevanzkriterien sind rational zu konstruieren. Dort ein postmoderner: Relevanz wird allein durch Kontext erzeugt.