Jüdisch-christliche Zivilreligion

Ostern kommt, und wie Ostern nicht ohne Karfreitag geht, geht auch wieder die Frage nach den stillen Feiertagen um. Und es geht um alles:

»Unser christlich-jüdisch geprägtes Werteverständnis stellt das Fundament unserer abendländischen Gesellschaft in Deutschland dar […] Der Karfreitag ist als christlicher Feiertag dem Gedenken an das Leiden und die Kreuzigung Jesu Christi gewidmet, […] und dies verträgt sich nicht mit lautem Feiern«, so der Frankfurter Kirchendezernent Uwe Becker.

Was hier verteidigt wird, ist keineswegs ein solides Wertfundament. Als Trittbrettfahrer des Religiösen werden leitkulturelle Chiffren verhandelt: Wir und die, und »wir« sind ermächtigt, »unsere« Wertentscheidungen politisch durchzusetzen.

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Piraten und Grundgesetz

Das interessante am Liquid-Feedback-System der Piratenpartei ist, daß dadurch Konfliktlinien aufbrechen. Aktuell ist das eine – mit großer Mehrheit angenommene – Initiative, die u.a. den Schutz der Ehe aus Art. 6 GG streichen will. Neben der Sachfrage bricht hier auch die Metafrage nach dem Verständnis von »Grundgesetz bewahren« auf, was ein zentraler Markenkern für die Piratenpartei ist.
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Wikipedias Vulvagate

Am Sonntag war der Artikel Vulva Artikel des Tages bei der Wikipedia – illustriert mit einem Foto des Sujets. Die Aufwallung, die das erzeugt hat, ist beachtlich. Die Diskussionsseite hat es ausgedruckt auf über hundert Seiten gebracht.

Bemerkenswert sind für mich zwei Aspekte: Die Emotion, die die naturalistische Darstellung einer Vulva immer noch hervorruft. Und die Auswirkungen auf das Neutralitäts-Postulat der Wikipedia.

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Piratenpartei und zweierlei Rechtsbruch

Meine Position zum Ankauf der Schweizer Kontodaten habe ich in Stehler, Hehler und Befehler dargelegt. Ich halte den Ankauf für falsch. Die Piratenpartei laut einer Pressemeldung vom 5. Februar auch. Adrian widerspricht und hat mich nach meiner Meinung gefragt.

Kurz: Prinzipiell geht die Position der Piratenpartei in die richtige Richtung – im Detail gibt es aber einiges auszusetzen.
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Relevanz ist irrelevant

MOGiS, der Verein von Mißbrauchsopfern gegen Internetsperren, bekommt keinen Wikipediaeintrag wegen angeblicher Irrelevanz. Das ist im Fall MOGiS reichlich bizarr, zeigt aber deutlich, wie es in der deutschen Wikipedia zugeht: Es gibt ein strenges Löschregime mit hochgradig kasuistischen und detaillierten Relevanzkriterien, die von Wikipedia-Benutzern mit besonderen Rechten exekutiert werden.

Das Löschen vorgeblich irrelevanter Artikel wird als Beitrag zur Qualitätssicherung verstanden. Mehr Information soll weniger Qualität bedeuten. Das glaube ich nicht: Relevanz ist irrelevant.
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Danke, Piratenpartei. Was bleibt?

Die Piraten sind nicht in den Bundestag eingezogen. Dennoch: 2 % (mehr als die Grünen bei ihrem ersten Anlauf) ist ein Achtungserfolg. Nach all der Kritik eine Würdigung dessen, was der rasante Aufstieg der Piraten gebracht hat.
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netzpolitik.va – was die CDU vom Vatikan lernen kann

Die Netzpolitik der CDU ist bekanntlich verheerend. Alte Herren mit Kugelschreibern, Internetausdrucker, und überhaupt ist das Internet erstmal böse, dann virtuelle Flyerabwurfstelle, dann wieder böse und erst dann auch Chance für die Wirtschaft.

Das ist keine konservative Politik, das ist im wesentlichen populistische Realitätsverweigerung. Aber es geht auch anders: Aus dem Vatikan gab es bereits 2002 zwei hellsichtige Texte des Päpstlichen Rats für die sozialen Kommunikationsmittel (bei der Bischofskonferenz als Arbeitshilfe Nr. 163): Ethik im Internet (EiI) und Kirche im Internet (KiI).

Diese Texte sind moderner, vernünftiger und informierter als alles, was bei der CDU unter Netzpolitik firmiert. Anstatt sich per KNA-Interview an den Papst ranzuwanzen, um katholische Wähler zu überzeugen, sollte die Kanzlerin lieber diese Papiere für die CDU-Netzpolitik umsetzen.

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