KjGay: LGBTI-Perspektiven zum Vatikan-Fragebogen

Heute hat die KjGay, das LesBiSchwule Netzwerk der Katholischen jungen Gemeinde (mein Heimat-Jugendverband) eine Stellungnahme zur Umfrage des Vatikans zur Planung der Familiensynode veröffentlicht: Familienpastoral für alle Familien. (Disclosure: Bei der Ideensammlung und durch Kommentare am Entwurfstext war ich auch beteiligt.)

Ich finde den Text sehr gelungen, weil hier sehr deutlich, unaufgeregt und ohne viel Diplomatie Katholik_innen sehr diverser sexueller Identitäten und Orientierungen etwas dazu sagen, wie sie in der Kirche leben und Kirche sind: »Wir möchten Teil einer Gesellschaft und einer Kirche sein, in der individuelle Lebensentwürfe gelebt werden können und Menschen nicht durch ihre gelebte Liebe in Konflikte mit der kirchlichen Morallehre gebracht werden.« Das Papier macht deutlich, daß es um Liebe und Verantwortung geht – und nicht um Politik. (Auch wenn es für die Anerkennung dieser Liebe und Verantwortung leider eine gut organisierte Lobby braucht.) Nur angedeutet wird, daß die Prinzipien der katholischen Soziallehre von Personalität, Solidarität und Subsidiarität durchaus eine Sexualmoral stützen können, deren Prinzipien safe, sane, consensual sind.

Unten noch einige Ausschnitte.
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Nicht Mann und Frau

In meinem letzten Artikel, »Der Papst der Moderne«, habe ich reichlich theoretisch darüber gesprochen, daß Kategorien immer fragwürdiger werden und dadurch – praktisch wie theoretisch – kirchliches Handeln, das auf ganz klaren richtig–falsch, schwarz–weiß-Kontrasten aufbaut, immer problematischer wird. Zwei Texte sind mir seither untergekommen, die das noch einmal gut illustrieren. Norbert Lammert zu »Wahrheiten und Mehrheiten«, und ein Artikel von Marian Ronan in Religious Dispatches zur gar nicht so einfachen Definition der Homoehe.

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Im moralischen Prokrustesbett

Die Rede des Papstes vor dem Bundestag war eine große Rede – eine Rede voller Teile, denen man beim Hören unmittelbar zustimmen möchte, eine Rede, die viele wichtige Impulse setzt. Es war aber auch eine Rede, deren oberflächliche Konsensfähigkeit nicht darüber hinwegtäuschen sollte, daß es dem Papst im Kern damit um einen hochproblematischen Naturbegriff geht mit sehr praktischen Konsequenzen.

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Non assumptum, non sanatum: Zu Sex and the City II

Gestern habe ich »Sex and the City II« gesehen. Den Film einfach als flach, sexistisch und kulturell unsensibel, mindestens aber als nicht feministisch abzutun, reicht nicht weit genug. Drüben bei Gay West nimmt Adrian diese einfachen Interpretationen sehr treffend auseinander, und ich kann seiner Schlußfolgerung nur zustimmen. (Auch wenn mir Markus Zierke ziemlich egal ist; schon zu Serienzeiten war ich immer für Aidan – was allerdings auch an meiner verkorksten postmateriellen Sozialisation liegen mag.)

Es ist nämlich nicht so einfach. Einfach einen Feminismus als politisch korrekte Leitkultur aus dem bunten Strauß aus Feminismen auszuwählen, dessen Einstellung zu Sexualität, dessen Ästhetik, dessen Moral, dessen Moral der Ästhetik und dessen Ästhetik der Moral als Maß zu nehmen: Das muß scheitern. Zwischen Burka und Porno gibt es keine gesunde und objektiv bestimmbare Mitte.

Darum geht es nämlich eigentlich in diesem Film, und mir scheint das sehr gelungen zu sein.
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Die Burka der anderen

Belgien hat ein Burka-Verbot beschlossen, in vielen anderen europäischen Ländern kommt das Thema auch auf die Tagesordnung, und Silvana Koch-Mehrin macht sich für ein europäisches Burka-Verbot stark.

Eine Randerscheinung wird eine zentrale politische Frage: Das Schicksal des Abendlandes scheint am seidenen Faden von Gesichtsschleiern zu hängen. Die Debatte ist aber eine Stellvertreterdebatte: Vordergründig geht es um die Burka, hintergründig um »den« Islam. Vordergründig geht es um die Würde der Frau, hintergründig um eine abendländische Leitkultur. Vordergründig um liberale Werte – hintergründig um konservative Ausschlußmechanismen. Um die burkatragenden Frauen geht es zuletzt.
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Homosexualität: Widerspruch aus Loyalität

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff hat der Frankfurter Rundschau ein bemerkenswertes Interview gegeben: Schwule Liebe »verdient Rückhalt« ist es überschrieben.

Endlich spricht einmal ein renommierter Moraltheologe offen und mit großer Sensibilität ein Thema an, das ich für eines der größten Probleme in meiner Kirche halte: Daß die Lehre der katholischen Kirche Homosexualität und damit die Liebe zwischen Menschen diffamiert und so die Würde dieser Menschen in den Dreck zieht.
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Wikipedias Vulvagate

Am Sonntag war der Artikel Vulva Artikel des Tages bei der Wikipedia – illustriert mit einem Foto des Sujets. Die Aufwallung, die das erzeugt hat, ist beachtlich. Die Diskussionsseite hat es ausgedruckt auf über hundert Seiten gebracht.

Bemerkenswert sind für mich zwei Aspekte: Die Emotion, die die naturalistische Darstellung einer Vulva immer noch hervorruft. Und die Auswirkungen auf das Neutralitäts-Postulat der Wikipedia.

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Wo Sittlichkeit in Recht überschwappt

Staatlichkeit hat mit Ordnung zu tun; Recht und Gesetz sollen das Zusammenleben ordnen und Freiheit sichern. Falsch verstanden führt das dazu, daß private Sittlichkeit ins Recht überschwappt und eine Zwangsordnung die Freiheit beschneidet. Besonders gefährdet sind alle Formen von Freiheitsausübung, die »unsittlich«, maßlos, animalisch und körperlich scheinen. Früher regelte man am liebsten im Schlafzimmer. Heute geht es gegen Alkohol.
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