Piraten, Gender und Pragmatik

In den letzten Tagen tobt durch die Blogosphäre eine Debatte um die Geschlechtergerechtigkeit der Piratenpartei. Die Positionen waren im wesentlichen einerseits, daß für die Piratenpartei Genderfragen kein Thema seien, da man nicht diskriminiere und offen sei, andererseits, daß es gerade das Problem sei, daß Genderfragen nicht thematisiert werden.

Hier prallen idealtypisch zwei fundamental verschiedene Positionen aufeinander: Eine szientistische und eine Standpunkttheorie. Die Piraten (begünstigt durch die Zusammensetzung der Partei, die sich zu großen Teilen aus ingenieurswissenschaftlich orientierten und affinen Hintergründen rekrutiert) tendieren zu einer szientistischen Sichtweise: Sie verstehen sich selbst als bewußt pragmatische und am gesunden Menschenverstand orientiert und grenzen sich von Ideologien ab (daher auch meine Zuordnung zu einem radikalen Zentrismus). Das Entscheidungsparadigma scheint jener kluge Aphorismus von Karl Kraus zu sein:

In zweifelhaften Fällen entscheide man sich für das Richtige.

An diesem Aphorismus kann man sehen, warum ein solches Politikverständnis nicht funktionieren kann: Natürlich ist der Grundsatz unbestritten, nur ist die Natur des Zweifelsfalls ja gerade, daß das Richtige nicht offensichtlich ist.

Eine rein szientistische Sichtweise geht davon aus, daß man objektiv entscheiden könne, was das Richtige sei. Bei der Piratenpartei mag die zensursula-Debatte dazu beigetragen haben, daß der Glaube an objektiv fundierte Politik so stark ist, ist doch das Zugangserschwerungsgesetz schon handwerklich miserabel und die von Ursula von der Leyen präsentierten »Fakten« zu großen Teilen objektiv falsch, teilweise gar nicht vorhanden. Hier kommt auch ein anderer Anspruch der Piraten ins Spiel: Weg von Ideologie, hin zum »gesunden Menschenverstand«.

Die Auffassung, Politik objektivierbar machen zu können, also für jede gegebene Situation anhand der Sachlage entscheiden zu können, was richtig ist, verkennt den Charakter von Politik. Politik beschäftigt sich gerade mit dem, was nicht objektiv entscheidbar ist – sonst bräuchte man keine Politik, sondern könnte einfach eine Expertokratie einrichten. Mit Hannah Arendts Terminologie wäre das Mißverständnis, daß man glaubt, das Handeln, also den ergebnisoffenen und freien Diskurs, den Umgang mit der Pluralität von Meinungen und Standpunkten, ersetzen zu können durch Herstellen: Eine Tätigkeit, die anhand klar abgegrenzter Schritte aus einem Ausgangsmaterial ein Zielmaterial macht. In der Praxis scheitert die Einrichtung einer Expertokratie schon daran, daß man sich auf Maßstäbe einigen müßte, wer als Experte gilt. (Platon skizziert in der Politeia die Ausbildung von Philosophenkönigen; interessanter wäre die Ausbildung der Ausbilder von Philosophenkönigen usw.)

Expertokratie, Technokratie, kann also nicht funktionieren. Es verkennt, daß politische Fragen im wesentlichen Wertekonflikte sind. Es läßt sich objektiv, naturwissenschaftlich, nicht klären, wer Recht hat. Ob »Freiheit« oder »Sicherheit« das Ziel von Politik sein kann, muß ausgehandelt, diskutiert werden, es müssen Kompromisse gemacht werden, und im letzten kann weder Schäuble noch die Piratenpartei für sich reklamieren, daß ihre Werte im naturwissenschaftlichen Sinne objektiv korrekt seien – und dann wird abgestimmt. Mit Karl Popper: Werte sind nicht falsifizierbar. Deshalb ist es auch etwas kurz gedacht, zu glauben, daß die Piratenpartei gleichzeitig ein umfassendes Programm haben könnte und sich nicht zu Grundrichtungsentscheidungen durchringen müßte. (Vgl. dazu auch Adrians hervorragenden Artikel Wo steht die Piratenpartei?)

Neben dem Wertproblem steht das Problem des unvollständigen Wissens: Das Leben ist zu komplex, als daß es vollständig erfaßt werden könnte. Selbst wenn das Wertproblem nicht bestünde, wenn also tatsächlich allein aus der objektiven Situation abgeleitet werden könnte, was zu tun sei (wenn es den naturalistischen Fehlschluß also nicht geben würden), würde die Umsetzung in politische Konsequenzen nicht funktionieren, da die gesellschaftlichen Systeme zu komplex sind, um vollständig erfaßt zu werden. (Das war im wesentlichen Friedrich August von Hayeks Kritik am Szientismus in der Ökonomie.)

Um nicht falsch verstanden zu werden: Die Position der Piraten, möglichst fundierte Entscheidungen zu treffen, ist nur zu begrüßen und wäre gerade in der zensursula-Diskussion den Regierungsparteien gut zu Gesicht gestanden. (Hervorragend argumentierende Positionen zur piratigen Methode finden sich bei Bernd Eckenfels und Alexander Bock .) Ein Plädoyer für ein Wertebewußtsein ist auch keine Aufforderung zum Obskurantismus: Natürlich lassen sich Werte analysieren, strukturieren, Argumente dafür finden, Inkonsistenzen in Wertesystemen aufzeigen – nur eine objektive Entscheidung, welcher Wert richtig ist, ist nicht möglich.

Um den Dreh zum Eingang wieder zu finden: Für die Gender-Debatte heißt das, daß sich die unter den Piraten, die eine Beschäftigung mit Genderthemen und Feminismus rundweg ablehnen, sich bewußt machen sollten, daß ihre Position, ein sehr operationaler und erstmal konsistenter Begriff von Gleichberechtigung – »alle dürfen sich beteiligen, jede kann kommen und mitmachen, Geschlecht ist bei uns irrelevant, es zählt Kompetenz« – auch nicht wertfrei ist. »Piratig« wäre wohl, sich zunächst darum zu bemühen, zu verstehen, warum die Feministen so eine unterschiedliche Sicht haben, und wie sich ihre Positionen soziologisch hinterfragen lassen.

60 Gedanken zu „Piraten, Gender und Pragmatik“

    1. Ich sehe, daß das mißverständlich formuliert ist, daher habe ich das so geändert, daß es eindeutig ist: »die unter den Piraten« – und die gibt es; in den entsprechenden Forendiskussionen lassen sich die von mir genannten Standpunkte finden.

      (Etwa hier, hier und hier. Mir ist bewußt, daß jeweils nicht nachzuvollziehen ist, ob die Leute auch tatsächlich Mitglieder sind; gerade auch die einschlägigen Blogartikel haben eine Menge an »Maskulisten« angezogen. Die der Piratenpartei zuzurechnen, wäre reichlich unfair.)

      Besonders interessant finde ich die Position von Mela Eckenfels, die sich recht deutlich gegen Feminismus und das »Genderdings« positioniert, aber im selben Eintrag weiter unten Situationen anspricht, die gerade in den Reflexionsbereich von Feminismus und Gendertheorie fallen.

    1. Der Link war schon so beabsichtigt, und zwar wegen dem piratig-/unpiratig-Brainstorming.

      Außerdem finde ich den Kodex nicht so spektakulär – in ähnlicher Form definieren auch andere Parteien ihre Grundhaltung; »piratig« dagegen ist, daß man die Entstehung nicht in Grundsatzkommissionen versteckt, sondern auch für mich als Nichtmitglied völlig offen herumliegen läßt. (Auch wenn der Kodex vor PiRating da wahr, wenn ich das richtig sehe.)

      (Das Wiki birgt überhaupt noch ziemlich viele ungehobene Schätze für politikwissenschaftliche Arbeiten – bei anderen Parteien muß man Jahrzehnte warten, bis sie ihre Archive freigeben, und hier kann man soziale und politische Prozesse live mitverfolgen.)

  1. ehm… Kann sein, dass wir jetzt unterschiedliche Auffassungen haben, aber mir scheint bei den Piraten die Entscheidungsfindung was das Ziel angeht durchaus ideologisch (contra pragmatisch) zu gehen, nämlich im Sinne der Bürgerrechte, der Wissensgesellschaft,
    nur der Weg zu diesem Ziel soll eben pragmatisch logisch gepflastert sein.

    Du unterstellst hier aber, wenn ich es richtig lese, dass die Piraten bereits die Ziele \nur\ objektiv bestimmen würden.

    Und damit stellt sich imo schon die interessante Frage: Wenn Politik objektive Entscheidungen treffen kann, sollte sie das müssen?
    Denn es ist ja klar, die Frage nach z.B. Sicherheit oder Freiheit erfordert eine gesellschaftliche Debatte (oder noch besser: Diskussion), in deren Verlauf Ziele festgelegt werden, und deren Umsetzung dann doch Politiksache ist. Und ab jetzt sollte Logik/Empirie doch quasi blind erlaubt sein?

    [Sorry, ist ein wenig OT geworden ;)]

    1. Beim Kernthema stimme ich Dir zu: Da liegt ein relativ klar umrissenes Werteset vor. Bei allem anderen nähert sich die Piratenpartei (zum Beispiel im Forum, im Wiki und besonders deutlich: Bei den Mehrheitsaussagen der Direktkandidaten für den Wahlomat) sehr wertfrei an.

      Auch wenn die Ziele klar sind, kann die Politik nicht rein logisch-deduktiv (und damit alternativlos) vorgehen. Das ist das Komplexitäts-Argument: Es gibt so viele Fakten, daß nicht völlig wertfrei entschieden werden kann, welche davon wie in Betracht gezogen werden müssen. Im Parlament ist die gesellschaftliche Debatte auch nicht zuende. Da sitzen dann vielleicht die Piraten, die ihre logisch völlig schlüssige Herleitung der Schritte anhand ihres Ziels »Freiheit« haben, die CDU hat aber ein anderes Ziel.

      Sobald etwas völlig eindeutig, logisch und alternativlos entscheidbar ist, braucht es schlicht keine Politik mehr. Das ist dann Verwaltung. (Und weil das Leben so komplex ist, ist das einzige, was nach diesem Muster gesellschaftlich umgesetzt werden kann, auch die Ausführung von politisch bestimmten Regeln. Mir fällt jedenfalls kein einziges Beispiel ein, wo etwas so eindeutig aus der Natur der Sache heraus zu tun ist, was in den Sachbereich der Politik fällt, daß die Umsetzung alternativlos ist. Da lasse ich mich aber gerne widerlegen.)

    1. meiner meinung nach bringt der, von dir zitierte, artikel keine andere problemlage innerhalb der piratenpartei auf den punkt, sondern ist symptom des problems.

      im gegensatz zum im artikel zitierten frauenwahlrecht, was tatsächlich weitestgehend unstrittig ist, werden geschlechterrollen und -dikriminierung eben durch alltägliches (unreflektiertes) handel reproduziert. dies auch, ohne das eine böse absicht dahinter steht. gerad deshalb ist es wichtig, diese konstruktionen offenzulegen, damit sie neu verhandelt (diskursiv bearbeitet) werden können. dazu ist es aber notwendig über diese themen zu sprechen, statt sie nach dem motto “das sind probleme anderer, die es bei uns nicht gibt” unter den tisch fallen zu lassen.

      oder um es mit den worten des zitierten artikels zu sagen:
      “Nur muss man eben unterscheiden, und dazu sollten erwachsene Leute fähig sein, wo gegen Diskriminierung gekämpft werden muss,und wo sie schon überwunden ist.”

  2. Sehr interessanter und erkenntnisreicher Artikel.
    Die Ausführungen zum “gesunden Menschenverstand” bei den Piraten haben mich an die Freien Wähler erinnert. Diese berufen sich auch gerne immer wieder auf den “gesunden Menschenverstand”.

    1. … und bei den Freien Wählern finde ich interessant, daß deren »gesunder Menschenverstand« in Bayern sehr nach CSU schmeckt und anderswo wieder ganz anders.

  3. slightly OT:

    “Politik beschäftigt sich gerade mit dem, was nicht objektiv entscheidbar ist.”

    Was für ein trauriges Weltbild (um nicht zu sagen: Ideologie).
    Ich kann sagen, was ich objektiv zum Kotzen finde am Kapitalismus. Warum es mir schlecht geht. Mir geht es schlecht, wenn zehntausende Menschen täglich verhungern und mir geht es schlecht, wenn mein “gescheiterter” Onkel zum Flaschensammeln gezwungen wird, weil das Jobcenter wieder testet, ob die Leute einen Anwalt kennen. Und ein bisschen auch, wenn mich Copyright zweck Profitbildung via Preis von einem Film bspw. abhält.

    Und mit genügend politischem Wissen kann ich auch feststellen, dass das so sein soll. Dass das Konsequenz aus einem gewaltvoll eingerichteten politischen System ist.

    Wenn das die meisten Leute okay finden (was ja nicht mal der Fall ist), dann muss ich mich im Zweifelsfall mit denen kloppen. Das hat aber nix mit Objektivität oder “Werten” zu tun.

    Und wenn dann einer der Apologeten des Systems sagt: “Der Mensch ist aber nun des Menschen Wolf”, dann ist ER der subjektive, der aus seinem Egoismus einen Anthropologismus macht, also seine Arschigkeit zur natürlichen Eigenschaft aller Menschen erklärt.

    Auch das hat nix mit Werten zu tun, was auch immer Werte sind.

    1. Ich habe den zentralen Satz Deines Kommentars einmal an den relevanten Stellen markiert:

      Ich kann sagen, was ich objektiv zum Kotzen finde am Kapitalismus.

      Dein Objektivitätsbegriff klingt für mich ziemlich nach Subjektivität. Natürlich kann und muß man zugestehen, daß das Dein Empfinden, Deine Wahrnehmung ist, meinetwegen sogar objektiv eine Beschreibung Deines subjektiven Empfindens ist. Nur empfinden andere Leute anders. (Zum Wundern kann man sich ja mal anschauen, was die Kirche im Katechismus alles objektiv feststellt.)

      »Objektiv« ist kein Kampfbegriff für »aber wirklich total richtig«. So wird er aber gerne von Systemen mit totalem Welterklärungsanspruch (Marxismus, Kirche) verwendet.

      Die andere Möglichkeit: Natürlich sind Deine Wahrnehmungen subjektiv, aber da sie die Position des Schwächeren (oder jedenfalls dessen, den man dafür ausgemacht hat) einnehmen, müssen sie stimmen. (Da sind wir dann wieder bei der Standpunkttheorie, die in gerade Linie von Hegel zu Marx führt.)

      Was ist die Konsequenz aus Deinen Ausführungen? Daß Du recht hast, die anderen nicht, und daraus folgt dann politisch was? Daß die Agenten des »gewaltvoll eingerichteten politischen Systems« (diese Deutung teilen übrigens viele Radikalliberale) – also alle parlamentarischen Kräfte nur aufgrund ihrer mauvaise foi, ihres »falschen Bewußtseins« das tun, was sie tun?

  4. Danke für die Antwort.

    Ein Satz wird nicht subjektiv, weil ein “Ich” darin vorkommt. Das ein Gefühl wie “schlecht gehen” subjektiv ist, ist banal. Aber die Existenz des Gefühls und die Gründe für seine Existenz sind objektiv erklärbar, wie du ja auch ungefähr schreibst.

    Das andere Leute da anders empfinden, mag sein. Aber wenn jemand es gut findet, dass Menschen verhungern, dann brauche ihm gegenüber keine objektive Theorie mehr, sondern dann versuche ich, wenn er aktiv an der Erfüllung diesen seines Bedürfnisses arbeitet, ihn von seinem Treiben abzuhalten.

    Die Konsequenz aus meinen Ausführungen ist, dass ich, wie vorangestellt, deine Aussage über Politik in Frage stelle. Es ist eine ganze Menge objektiv endscheidbar “in der Politik”. Das dabei Bedürfnisse von Menschen eine Rolle spielen, ist wiederum banal. Natürlich braucht man keine Politik, wenn keine Menschen mit Bedürfnissen existieren. Du kannst nicht über Politik nachdenken und die Subjekte weglassen (auch dich solltest du nicht vergessen). Aber deswegen zu sagen, Politik beschäftige sich mit nicht objektiv Entscheidbarem, ist doch ziemlich albern.

    Die Piraten haben doch nicht das Problem, dass sie nicht recht haben bei Vielem, weil man nicht recht haben kann in der Politik. Ihr Problem ist, dass sie verkennen, dass das existierende System gar nicht die selben Zwecke hat wie sie.

    P.S. Ohne einen geschichtlichen Exkurs starten zu wollen, aber da du das “gewaltvoll eingerichtete System” eine Deutung nennst: Gibt es einen Ort auf der Welt, wo Kapitalismus nicht mit Gewalt durchgesetzt wurde? Und wo auf der Welt erhält er sich ohne gewalttätigen Staat?

    P.P.S. Was verstehst du eigentlich unter Marxismus?

    1. Wir können uns bestimmt auf Situationen einigen, die so unerträglich sind, daß wir über alle Lagergrenzen übereinstimmen, daß sie beseitigt werden müssen: Wenn Leute verhungern etwa.

      Ich bestreite aber, daß die Lösungen für diese (meinetwegen objektiv) festgestellten Probleme wiederum objektiv entschieden werden können: Die Wirklichkeit ist zu komplex, um von vornherein nur aufgrund einer Faktenlage entscheiden zu können, welche Sozialpolitik die richtige ist, um etwa mit Hunger umzugehen. An jeder Stufe des politischen Entscheidungsprozesses kommen implizite oder explizite Wertentscheidungen ins Spiel:

      Bei der Erhebung der Fakten (Max Weber hat darauf hingewiesen, daß selbst der idealtypisch wertfrei arbeitende Wissenschaftler durch die Wahl seines Forschungsgebietes von nicht-objektiven Wertentscheidungen geprägt ist).

      Bei der Auswertung der erhobenen Fakten (wo ist die Grenze zwischen »objektiv unerträglich« und »als Teil des allgemeinen Lebensrisikos zu tragen«? Welche Armutsdefinition wird benutzt: 1 Dollar pro Tag, absolutes Existenzminimum, relatives Existenzminimum, x % vom Durchschnittseinkommen?)

      Bei der Wahl der Mittel, wie aufgrund der Auswertung der erhobenen Fakten vorgegangen werden soll (Angebots- oder nachfrageorientierte Politik? Regulierung oder Deregulierung des Arbeitsmarktes? »Aktivierender« Sozialstaat, bedingungsloses Grundeinkommen, …)

      Das Leben ist so unglaublich komplex, daß wir zwar ein paar Extreme recht sicher ausschließen können (daß Stalinismus und Nationalsozialismus nichts taugen, dürfte breiter Konsens sein), aber immer noch eine breitestmögliche Palette an Möglichkeiten übrigbleibt, deren (Un-)Wirksamkeit nur sehr schwer zu widerlegen ist. Die Idee des Parlamentarismus, der Demokratie ist, daß man nicht alles auf eine Karte setzt, sondern die verschiedenen Sichtweisen und Werteinstellungen in einen produktiven Widerstreit kommen läßt. Daher meine Behauptung, daß Politik das ist, was nicht objektiv entscheidbar ist. Nach meinem Verständnis ist Politik als Aushandeln von Interessenskonflikten und Wertentscheidungen nur dann nötig, wenn es keine unbestreitbar richtige Reaktion gibt.

      Da kommt dann Dein PPS ins Spiel: Auf diese Diskussion bezogen ist der Marxismus (durchaus orthodox verstanden, wie man ihn bei Karl Marx findet) für mich unter dem Gesichtspunkt seiner Geschichtsphilosophie interessant. Der Marxismus postuliert einen objektiv vorhandenen Lauf der Geschichte, der letzten Endes im Kommunismus gipfelt. Der Marxismus behauptet damit auch, Schritte zu kennen, die anzuwenden sind, um diesen Lauf der Geschichte zu beschleunigen. Dem Marxismus ist mein Politikverständnis fremd: Da gibt es keine objektiv unentscheidbaren Wertkonflikte auszutragen, dem Marxismus sind die objektiven Werte bekannt.

      (Wenn Du etwas weiterlesen willst: In dieser Frage hat mich Hannah Arendt stark geprägt; ich vertrete hier ihr Politikverständnis, das scharf die eigentliche Politik, eben das Aushandeln von objektiv Unentscheidbarem, vom Herstellen trennt, also dem mechanischen Produzieren von etwas nach einer objektiv anwendbaren Vorschrift. Arendt ist übrigens weit optimistischer als ich, was auch daran liegt, daß sie in den technikoptimistischen 50er und 60er Jahren geschrieben hat: Sie geht davon aus, daß man etwa die Wohnungsfrage objektiv entscheiden könne. Die paar 100 Seiten von »Vita activa oder vom tätigen Leben« lohnen sich meines Erachtens sehr, um dieses Politikverständnis zu verstehen.)

      Und zum PS: Staat ist per Definition Gewalt, unabhängig davon, wie er entstanden ist, und Deine Frage würde ich weiter fassen: Gibt es einen Ort, wo überhaupt ein politisches System ohne Gewalt durchgesetzt worden ist? Wo auf der Welt erhält sich ein beliebiges politisches System ohne gewalttätigen Staat? … und dann können wir anfangen, darüber zu diskutieren, ob Anarchie stabil sein kann und überhaupt wie das zu verstehen ist: Anarchokapitalistisch? Anarchosyndikalistisch?

      1. Die Frage “welche Sozialpolitik die richtige ist”, setzt Armut als Naturereignis, mit dem man umgehen muss. Sie klammert aus, dass die Ursachen von Armut (heute) gesellschaftliche Verhältnisse sind. Und genau das macht der hier praktizierte Parlamentarismus. Kapitalismus und Nationalstaat stehen nicht zur Debatte, da ist das Grundgesetz vor. Deine Begriffe und Kategorien sind alle systemimmanent. Mit etwas Mut kann man auch darüber nachdenken, ob so etwas wie ein Arbeitsmarkt gar nicht reguliert werden sollte, sondern verhindert.

        Die Erhebung und Auswertung von Fakten ist nicht so kompliziert. Wenn man jemanden fragt, wie es ihm geht, und er sagt “Scheisse.”, dann kann man ihm das ruhig glauben. Dass eine in Geld ausgedrückte “Armutsgrenze” zu setzen Definitionssache ist, ist wieder banal.

        “Der Marxismus, wie man ihn bei Marx findet”, das ist lustig.
        Auf diese Diskussion bezogen finde ich den Historischen Materialismus, also Marx’ Geschichtsphilosophie, gar nicht interessant. Da wird ein Determinismus behauptet, der es ja obsolet machen würde, irgendwas objektiv zu entscheiden. Das weiss ja sogar die Wikipedia, dass den niemand mehr ernst nimmt.
        Dieses berühmte Hauptwerk finde ich aber schon interessant, hast du das mal gelesen?

        Was Werte sind hab ich immer noch nicht verstanden.

        PS Noch mal zum Staat: Ich hab doch oben den Staat als gewalttätig definiert, da musst du mir doch nicht sagen, dass es ein Jellinek auch tut.
        Die Pariser Commune z.B. brauchte keine Gewalt gegen die in Paris lebenden Menschen. Nur hat sich dann die gerade noch gegeneinander kriegführende deutsche und französische Armee geeinigt, doch erstmal die Aufständischen zu massakrieren.

        PPS Das Buch von Arendt hatte ich mal im ersten Semester, fand das nicht überzeugend, ist aber auch zu lange her. Vielleicht schau ich mir das bei Gelegenheit mal wieder an.

        PPPS Noch zu deinem ersten Satz: Von einem JU-Menschen habe ich zum Thema Verhungern auch schon mal gehört: “Aber mal im Ernst, ihr wollt doch nicht mit denen teilen, oder?” Nachdem er das gesagt hatte, wusste er natürlich, warum die Älteren in seinem Verein so was nicht öffentlich sagen.

        1. Ganz kurz: Ja, ich argumentiere explizit systemimmanent. Ich halte ein System für angemessen, das zur Kenntnis nimmt, daß Menschen sich in ihren Bewertungen der Sachlage unterscheiden und daraus die Notwendigkeit von Aushandeln von Reaktionen auf Situationen ableitet: Politik.

          Mir fehlt immer noch die Antwort darauf, wann die Äußerung, daß es jemandem scheiße geht, wie relevant wird. Natürlich glaubt man das dem Äußernden, nur welche Konsequenz soll folgen?

          Ja, Marxismus wie bei Marx, Determinismus der Geschichte, und damit eine Sichtweise, die es scheinbar ermöglicht, Kriterien für objektiv richtige Handlungsweisen abzuleiten: Maßnahmen werden daran gemessen, wie sie den Lauf der Geschichte in die als richtig erkannte Richtung beschleunigen.

          Werte sind Einstellungen, die sich dazu eignen, von einem Sein ein Sollen abzuleiten. Welche Konsequenz für das öffentliches Handeln (ja, Systemimmanenz!) soll man daraus ziehen, daß jemand mitteilt, daß es ihm scheiße geht, weil er 1. verhungert, 2. zu wenig Geld für regelmäßige Nahrung hat, 3. Liebeskummer hat, 4. den Vater verloren hat, 5. arbeitslos ist, 6. sein Haus beim Pokern verspielt hat? Welche Konsequenz für das eigene Handeln leitet man daraus ab?

          Die Pariser Kommune hatte vor allem nicht einmal ein Vierteljahr; wie friedlich sie geblieben wäre, wenn die Pariser ihre Freiheit dazu hätten nutzen wollen, wirtschaftlich tätig zu werden oder Verbrechen zu begehen, konnte sich nicht zeigen.

          Kapitalismus, System abschaffen – und dann? Und warum gerade das und nicht Anarchokapitalismus?

          1. Okay,
            du hältst “ein System für angemessen, das zur Kenntnis nimmt, daß Menschen sich in ihren Bewertungen der Sachlage unterscheiden und daraus die Notwendigkeit von Aushandeln von Reaktionen auf Situationen ableitet”.
            Dann hältst du Politik für die reine Entscheidung über “Sachfragen”, und machst das selbe, was du den Piraten vorwirfst, denn Sachfragen sind prinzipiell objektiv entscheidbar.

            Ich will nicht ein imaginiertes System von parlierenden Sachentscheidern in Frage stellen, ich will sagen: Das ist nicht das, was hier läuft. Parlamentarismus als Idee von “Über Probleme muss man quatschen” ist so abstrakt einfach nett und zustimmenswert.
            Also noch mal bezogen auf unser Thema, also meine Infragestellung deines Satzes: “Politik beschäftigt sich gerade mit dem, was nicht objektiv entscheidbar ist.”: Warum ist eine Sachlage nicht objektiv entscheidbar und wo kommen hier Werte vor?
            Warum gehst du nicht ein auf meine weiterführende Kritik oben?

            Ob es jemandem scheisse geht, hat dann Relevanz, wenn du nicht willst, dass es jemandem scheisse geht.

            Marxismus: Ich finde eben dieses Hauptwerk, das “Kapital” interessant. Das kommt nämlich auch völlig ohne den Determinismusquatsch aus. Du sagst, du findest den doof, ja: Ich auch.
            Aber im Gegensatz zu dir bin ich auch überhaupt nicht der Meinung, dass ein Determinismus “Kriterien für objektiv richtige Handlungsweisen abzuleiten” möglich macht. Gerade ein Determinismus macht es ja überflüssig, überhaupt irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Geschichtsdeterminismus ist etwas quasi-religiöses, das sagt: “Die Vorsehung ist auf unserer Seite.”, wenn man das ernst nimmt, dann brauch man ja nur zu warten, bis das Vorhergesehene eintritt, was vom Historischen Materialismus überzeugte Kommunisten auch irgendwann getan haben.

            Konkreter: Ich behaupte mit meinem Wissen, Kapitalismus bedeutet u.a. Ausbeutung. Willst du mit mir meine “Werte” und “Einstellungen” diskutieren? Oder bleiben wir objektiv?
            Wenn jemand die “Einstellung” hat, “Ausbeutung will ich”, willst du dann mit ihm seinen “Wert” Ausbeutung verhandeln?

            Bezogen auf das Thema des Artikels: Ich denke, deine Kritik an den Piraten ist die falsche. Wie schon gesagt, die Piraten haben nicht das Problem, dass Politik nur Subjektives verhandelt, sie haben das Problem, dass der Staat objektiv ganz andere Zwecke verfolgt als sie.

            1. Der Kern des Problems liegt in diesem Satz: »Ob es jemandem scheisse geht, hat dann Relevanz, wenn du nicht willst, dass es jemandem scheisse geht.«

              Nur weil es jemandem »scheiße geht« (wie »scheiße«?), folgt daraus weder ein politisches noch ein privates Handeln zwingend. Wenn sich nur daraus, daß es jemandem (in welcher Beziehung auch immer) »scheiße geht«, sofort eine politische Zuständigkeit abgeleitet werden kann oder muß, ist das im Wortsinn totalitär. Sag mir, wie Du diese Sachfrage objektiv entscheiden willst, und ich bin überzeugt.

              Wenn Du die »Systemfrage« stellen willst, wenn Du dich generell gegen »Politik« wendest, dann leg auf den Tisch, was die Alternative ist. Bis dahin funktioniert unser System erstaunlich gut.

  5. “Neben dem Wertproblem steht das Problem des unvollständigen Wissens: Das Leben ist zu komplex, als daß es vollständig erfaßt werden könnte.”

    Das muss eine Partei gar nicht leisten. Eine Partei wirkt an der Meinungsbildung des Volkes mit, unterbreitet Vorschläge. Das Ergebnis dieser Meinungsbildung ist zur Zeit die Kanzlerschaft von Angela Merkel. Nicht meine Kandidatin, aber Ausdruck einer demokratischen Entscheidungsfindung wo ich nicht den Ton angebe.

    Wenn Dich Theorie interessiert, verweise ich auf Sen, A.K. (1986) Social Choice Theory in: Arrow, (hrsg.) Handbook of Mathematical Economics, Bd.3, 1073-1181

    Der Demokratische Wahlprozess drückt eine Art Medianmeinung aus, das ist die Politik des Mittelmaßes, also die Merkels, die Schröders usw. Anti-Atom ist z.B. zur Zeit Mainstream, Diskriminierung zugunsten von Frauen auch.

    Eine Partei ist ein “Part”, nicht eine Art “Volksgemeinschaft”, sie kämpft in dem Prozess um Wählerstimmen mit, aber vor allem zwingt sie andere Parteien zur Berücksichtigung ihrer Themen. Sie ist nicht so perfekt wie der Wahlprozess. Sie glaubt die von der Leyen ist unverantwortlich. Die Mehrheit findet das was sie tut aber gut und es macht sie populär. Ganz entscheidend ist die Bestreitbarkeit von politischen Konzepten. Der demokratische Prozess zwingt die Partei an der Regierung dazu sich im Sinne des Medians zu verhalten, dabei ist es dann fast egal wer an der Regierung ist. Darum ist es auch kein Widerspruch, wenn die Grünen für Kriegseinsätze sind oder der ehemals linke Schröder die Wirtschaftsinteressen brutalstmöglich exekutiert. Wichtig ist es, wenn man selbst nicht nach Ämtern strebt, die richtigen Impulse in die Mitte der Gesellschaft zu setzen.

    Und da sehe ich z.B. dass das Patentsystem unhaltbar kaputt ist, in skandalöser Verfassung. Da sehe ich, dass Themen wie Open Source förderung nicht ernst genommen wurden. Dass Grundrechte für Netzregulierung geopfert werden, dass dem Bürger Angst gemacht wird.

    1. Ich weiß nicht recht, was ich mit Deiner Kritik anfangen soll. Ich behaupte ja gerade nicht, daß eine Partei das Leben vollständig erfassen müßte. Im Gegenteil wende ich mich gegen ein Politikverständnis, das glaubt, alles objektiv-pragmatisch entscheiden zu können. Was ich verlange, kommt dem, was Du skizzierst, dann sehr nahe: Politik ist ein Aushandlungsprozeß, und am Ende entscheidet die Mehrheitsregel.

      Die These einer Ausrichtung an der gesellschaftlichen Medianmeinung trifft in dieser Absolutheit auch nicht zu in einem System mit Verhältniswahlrecht (dazu wieder Anthony Downs, An Economic Theory of Democracy) . Deine Beispiele scheinen mir auch nicht glücklich gewählt: Selbst wenn es stimmt, daß Schröder »Wirtschaftsinteressen brutalstmöglich exekutiert« habe, war die Agenda-Politik nie gesellschaftliche Medianmeinung – woher hätten denn dann die breiten Proteste und schließlich die Spaltung und der Niedergang der SPD kommen sollen? Auch bei den Grünen (die als kleine Partei auch gar nicht den Anspruch haben, den Median einzufangen: Verhältniswahlrecht ist die politische Umsetzung des long-tail-Prinzips) scheint es mir eine eher steile Behauptung, daß der Median der Deutschen für solche Einsätze seien. (Schröder hat ja – hier durchaus in Ausnutzung der Mehrheitsmeinung – durchaus erfolgreich mit Krieg Wahlkampf gemacht.)

      1. Ich glaube wir haben da gar keinen Dissenz. Was ich meine ist, dass man von der “Totalität” in der Politik einer Partei Abstand nehmen kann. Ich glaube, dass er demokratische Prozess mehr oder weniger funktioniert, und unsere Differenz von Median unseren Dissenz um das richtige Programm ausdrückt. Das Schöne ist dann, dass man bestimmte Themen aufgreifen kann, wo es bei anderen Parteien Offene Flanken gibt, z.B. Freifunk und Linuxförderung, und die anderen Parteien werden die dann einfach aufgreifen.

        Ich bin ein großer Gegner von Agendapolitik.

        Die Ökonomen modellieren die Wahl so ein wenig wie ein Marktsystem. Nehmen wir einmal an im politischen System seien nur Opportunisten, dann kann halt jemand rent-seeking für Wählerstimmen betreiben, wenn Kriegseinsätze unpopulär sein. Natürlich ist auch die Information ungleich verteilt. In vielen Fragen kann ich politisch gar nichts beurteilen. Ich habe keine Ahnung, ob wir Kernkraftwerke länger betreiben sollten. Dieser demokratische Konsensprozess, der immer verhindert, dass Politiker sich zu dolle Stückchen leisten, und die Vielzahl der Wahlen in Deutschland, sind gut für unser Land. Eine Partei wie die Piraten setzt bestimmte Akzente. Die Partei der Mehrheit wird das berücksichtigen. Egal wer es in die Mitte schafft, es wird immer etwas “mittelmäßig” kanzlerisch sein. Wer dann zu viel Mist baut, wird abgestraft.

        Um zu verändern musst du neue Themen setzen, die Informationsinfrastruktur ändern, die Wahlkampfmethoden ändern, Technologien der Demokratie verändern.

        1. Ach so, in Richtung Vollprogramm: Da stimmt dann eben leider Dein letzter Absatz – solange man ein Wahlsystem hat, bei dem nur eine Partei gewählt wird, produziert man damit Vollprogramme. (Noch ein Beispiel dafür, daß das Wahlsystem eine politische Frage ist.)

          Am sympathischsten wäre mir ein System, wie es etwa in Baden-Württemberg bei der Kommunalwahl benutzt wird: Auf den einzelnen Listen werden tatsächlich Kandidaten gewählt, es kann kumuliert und panaschiert werden. (Mehr Demokratie e.V. hat dazu eine schöne Broschüre veröffentlicht.) Das würde dann auch dem Verständnis des einzelnen Abgeordneten als dem eigentlichen Volksvertreter, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, eher entgegenkommen.

          Eine Alternative (oder Ergänzung) wäre, Abstand zu nehmen vom Trend, möglichst alles zu zentralisieren und auf Bundesebene zu holen: Mehr Föderalismus, kleinere politsche Einheiten schaffen, die dann überschaubarer sind und eine größere Pluralität bei den Parteien ermöglichen.

  6. Gute Philosophie (Popper, Durham-Quine) schlecht angewendet (Neumann) ist schlechte Philosophie.
    Normale Alltagspolitik ist eben gerade kein komplexes System, dem man sich nicht positivistisch/szientistisch nähern könnte. Gerade die Piraten-Genderdebatte zeigt, wie sich individuelle Befindlichkeit zu Wertekonflikten hochstilisieren.

    Über echte Werteentscheidungen wird in diesem Kulturkreis doch schon seit Jahrzehnten nicht mehr diskutiert.

    1. Alle Leute, die die positivistisch-szientistische Patentlösung für normale Alltagspolitik haben, mögen sich doch bitte mal im Kanzleramt melden. Die suchen das gerade.

      1. Falsch! Im Kanzleramt suchen sie seit Jahren nur Lösungen, die der Mehrheit der “Bürgerinnen und Bürger” so vermittelbar sind, dass ebendiese glauben, ihr eigenes Leben würde sich zum Besseren oder zumindest nicht zum Schlechteren wenden.

        Mit ‘positivistisch-szientistischen Patentlösungen’, Pragmatik, Vernunft und Bürgersinn hat das nichts, mit Stimmenkauf und Massenmanipulation eine Menge zu tun. Nichtsdestotrotz könnte man sich in der Alltagspolitik pragmatisch an solche Lösungen annähern. Worin bestand noch mal der Unterschied in der Politik von Helmut Schmidt und Helmut Kohl?

        Die Gleichung ‘Politik geht um Werte – Werte sind nicht falsifizierbar -> Tatsachen sind politisch irrelevant’ kommt aus dem sophistischen Kindergarten. Das dachte übrigens auch Popper, wenn man ihn etwas genauer liest.

        1. Die Gleichung ‘Politik geht um Werte – Werte sind nicht falsifizierbar -> Tatsachen sind politisch irrelevant’ kommt aus dem sophistischen Kindergarten.

          … und nicht von mir. Politik beschäftigt sich mit der Bewertung von Tatsachen und Handlungsoptionen. Selbst Deine pragmatische Annäherung an eine Lösung kann nicht direkt aus Tatsachen auf zu ergreifende Schritte schließen, sondern muß diese Tatsachen bewerten. Wertende Schlüsse brauchen mindestens eine wertende Prämisse. Das ist nicht sophistischer Kindergarten, das ist logische Vorschule.

  7. Spannende Diskussion, auch hier in den Kommentaren. Allerdings ist es im Rückblick doch ein wenig überbewertet. Irgendwie ist aus den Piraten ja nie richtig was geworden. Und derzeit redet alles nur über die Grünen als Alternative. Wo sind da plötzlich Parteien wie die Piraten hin? Ist die Zeit schon vorbei für neue Versuche Politik zu gestalten?

    1. Ich fürchte momentan siehts da wirklich schlecht aus, die Leute sind nur noch müde, auch der hoffnungsvolle Wutbürger wird ne Ausnahme bleiben.

      Wahrscheinlich ist es die Ohnmacht vor der Wahl zwischen dem korrupteren oder inkompetenteren Übel.

      Klar man könnte selber ne Partei gründen.., aber wer hat schon Zeit, schliesslich müssen wir ja auch was zu Fressen verdienen und die Kinder schreien und die Familie (Ehefrau) wünscht sich dass man ne positivistischere Sichtweise an den Tag legt, damit man nicht mit 40 am Herzinfarkt stirbt.

      Trotzdem fühlt sich die ganze Entwicklung (also ALLES) irgendwie inkonsistent, nach einem Deadlock an, auf dem sicheren Weg zur Kulmination, wohin auch immer. Sehr subjektiv gesagt: die Sache stinkt, und wer das nicht riecht, hat sich mit den durchaus (ver)blendenden Erfolgen unserer gesellschaftlichen Entwicklung schon abgefunden.

  8. Der Artikel hat sich für mich auch nach über einem Jahr noch sehr gut gelesen.
    Gerade weil ein guter Freund von mit Mitglied bei den Piraten ist und mir immer mal wieder Vorträge zu deren Vorzügen hält fand ich sowohl den Artikel als auch die folgende Diskussion sehr interessant.

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