Gegen den gesunden Menschenverstand

Gestern habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob Politik für die Piraten wertfrei funktioniert. Ein weiteres Thema gehört dazu: Die Frage nach dem immer wieder betonten gesunden Menschenverstand. Den halte ich nicht nur in der Piratenpartei für überbewertet.

Descartes beginnt den ersten Abschnitt seines Discours de la méthode so:

Der gesunde Verstand ist das, was in der Welt am besten vertheilt ist; denn Jedermann meint damit so gut versehen zu sein, dass selbst Personen, die in allen anderen Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen.

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Piraten, Gender und Pragmatik

In den letzten Tagen tobt durch die Blogosphäre eine Debatte um die Geschlechtergerechtigkeit der Piratenpartei. Die Positionen waren im wesentlichen einerseits, daß für die Piratenpartei Genderfragen kein Thema seien, da man nicht diskriminiere und offen sei, andererseits, daß es gerade das Problem sei, daß Genderfragen nicht thematisiert werden.

Hier prallen idealtypisch zwei fundamental verschiedene Positionen aufeinander: Eine szientistische und eine Standpunkttheorie. Die Piraten (begünstigt durch die Zusammensetzung der Partei, die sich zu großen Teilen aus ingenieurswissenschaftlich orientierten und affinen Hintergründen rekrutiert) tendieren zu einer szientistischen Sichtweise: Sie verstehen sich selbst als bewußt pragmatische und am gesunden Menschenverstand orientiert und grenzen sich von Ideologien ab (daher auch meine Zuordnung zu einem radikalen Zentrismus). Das Entscheidungsparadigma scheint jener kluge Aphorismus von Karl Kraus zu sein:

In zweifelhaften Fällen entscheide man sich für das Richtige.

An diesem Aphorismus kann man sehen, warum ein solches Politikverständnis nicht funktionieren kann: Natürlich ist der Grundsatz unbestritten, nur ist die Natur des Zweifelsfalls ja gerade, daß das Richtige nicht offensichtlich ist.
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