Abbé Franz Stock – „Weder Franzosen noch Deutsche“

Heute vor 70 Jahren landeten die allierten Truppen in der Normandie: Ein entscheidender Schritt zur Befreiung Europas und Deutschlands. Am 6. Juni 1944 ist der deutsche Priester Franz Stock fast auf den Tag genau seit drei Jahren Standortpfarrer in Paris. Er betreut die französischen Kriegsgefangenen. In seinem Tagebuch notiert er die Hinrichtungen der Widerstandskämpfer, die er als Seelsorger begleitet. Über 2000 davon musste er ansehen, sagt er kurz vor seinem Tod.

Portrait von Abbé Franz Stock
Foto: Franz-Stock-Komitee für Deutschland e.V., 59755 Arnsberg (Gemeinfrei via Wikimedia)

Stock, ein Deutscher, hat sich nicht gemein gemacht mit den Verbrechern, er war ganz für die zum Tode verurteilten Kämpfer der Résistance da. Gefangene besuchen, Tote bestatten: Werke der Barmherzigkeit inmitten des zynischen Unrechts, in dem die Erschießungen unter dem Codenamen “Sportfest” angekündigt wurden. Einer der Insassen war der Jesuitenpater Michael Riquet. Er sprach die Grabrede Stocks, der 1948 in amerikanischer Kriegsgefangenschaft starb: “Er war mit brüderlicher Liebe bei den Verurteilten bis zum Hinrichtungspfahl. Das ist die Paradoxie, dass ein deutscher Priester sich mitten im Kriege zum Dienst und Freund derer machte, die seine Regierung als die ärgsten Feinde betrachtete.”

Während Stock Gefängnispfarrer ist, schreibt der Philosoph Theodor W. Adorno im amerikanischen Exil die “Minima Moralia”. “Reflexionen aus dem beschädigten Leben” ist der Untertitel, und einer der berühmtesten Aphorismen daraus ist das vielzitierte “Es gibt kein richtiges Leben im falschen.”

Franz Stock zeigte mit seinem Leben, und die Zeugnisse der Menschen die ihn kannten, beglaubigen es, dass es ein richtiges Leben gibt im falschen: Ein Leben mit der Liebe Christi.

Heute, am 70. Jahrestag der Landung in der Normandie, sollten wir an Franz Stock denken, der die Liebe Christi zu seiner machte und sich mit all seiner Kraft für die Völkerverständigung einsetzte.

Mit Franz Stock sollten wir Christen uns gegen den Nationalismus und die Fremdenfeindlichkeit wenden, die in Europa wieder erstarken: Gegen die Ablehnung von Roma, von Flüchtlingen, die übers Mittelmeer kommen, von Muslimen und Juden. In der Kathedrale von Bayeux, keine zehn Kilometer vom Strand entfernt, an dem die Allierten landeten, hängt das ganze Jahr über ein Zitat von Stock: “In den Augen Gottes gibt es weder Engländer, noch Franzosen, noch Deutsche, es gibt nur Christen oder ganz einfach Menschen.” Das ist Franz Stocks Vermächtnis für ein Europa, das sich christliche Werte auf die Fahnen schreiben will.

(Der Text erschien zuerst in der Rubrik Standpunkt bei katholisch.de)

(k)no(w) god – Twitter-Theologie


Gestern durften wir einen neuen Evolutionssprung bei Twitter beobachten:

glad to see Twitter has moved from where we get our news to where we base our theology

Twitters trending topics wurden angeführt von »no god«. Dazu kam es, nachdem @RevRunWisdom einen Besinnungsspruch getwittert hatte: »Know God… Know Peace. No God.. No Peace!.« [sic!] Meine erste Reaktion war, das unter die beliebte Argumentationsfigur einzuordnen, daß es keine Moral ohne Gott gebe und damit den Sinnspruch als Kitsch zu verwerfen. (In einem anderen Artikel habe ich mich damit auseinandergesetzt.) Nach etwas längerem Nachdenken bin ich zu dem Schluß gekommen: Da steckt mehr dahinter.
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