Ohnmacht, Wut und repräsentative Demokratie

Mittlerweile glaube ich zu verstehen (nachdem es mir lange wie Nico Lumma ging), warum Stuttgart 21 (im Vergleich mit Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Zukunft der Atomkraft, Bildung und Wirtschaftskrise und so weiter nun wirklich nicht übermäßig wichtig) so polarisiert: Es geht um Ohnmacht. Es geht um die Ohnmacht, einem politischen Prozeß ausgeliefert zu sein, der scheinbar nicht zu beeinflussen ist.

Die Argumentation der Befürworter läßt sich kaum leugnen: Über mehrere Ebenen wurde das Projekt nach demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren beschlossen, verschiedene Wahlen im Laufe des Entscheidungsprozeß haben die befürwortenden Gruppen bestätigt, die Beschlüsse wurden vor Gericht überprüft. Insofern ist Stuttgart 21 durchaus hervorragend legitimiert, mehr als die meisten anderen politischen Projekte.

Und dennoch: So sauber legitimiert es ist – es zeigt die Schwächen eines rein repräsentativdemokratischen Systems auf. Daß die Proteste nun durch groteske Polizeigewaltexzesse niedergeschlagen werden (darf ein Rechtsstaat die Erblindung von Menschen in Kauf nehmen, nur um die zeitnahe Umsetzung eines Bauvorhabens durchzusetzen?), ist nicht die Selbstbehauptung des repräsentativdemokratischen Rechtsstaats gegen undemokratische schlechte Verlierer. Es ist eine fast schon autistisch zu nennende an Nabelschau grenzende Reaktion eines selbstgenügsamen politischen Apparats, der sturheil nur seinen Prozeduren zu folgen vermag, ohne sich von Kontexten beeinflussen zu lassen.
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Der Bundespräsident als Paria und Tenno

Mein ganzes Unbehagen am Amt des Bundespräsidenten kann ich an der Personalie von der Leyen festmachen. Nein, nichts Inhaltliches, auch wenn die Netzsperren, die populistische Rhetorik, die Lügen immer noch ohne Konsequenz im Raum stehen. Nein, auch nicht Machttaktik und Machtarithmetik.

Was ich erschreckend fand und immer noch finde, ist ihr Alter: Jahrgang 1958, 52 Jahre alt – mit 57, spätestens aber 62 Jahren wäre sie am Ende gewesen. Was soll danach noch für sie kommen? Selbst Zensursula wünsche ich dieses Amt nicht an den Hals.
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