Kommunalpolitik Freiburg 2.0

Alle Welt spricht über Wahlkampf im Netz, aber was kommt danach? Ich habe mich umgesehen, wie man über Freiburger Kommunalpolitik auf dem laufenden bleiben kann und einige Links gesammelt. Da ich keine Zeit habe, aktiv jede Politikerseite nachzulesen, habe ich nur aufgenommen, was mir an Infos bequem per RSS oder Twitter nach Hause geliefert wird.

Alle Feeds habe ich als Google-Reader-Set zusammengefaßt (Download als OPML-Datei). Ergänzungen nehme ich gerne auf.
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Adieu, alte Tante Xing

Vor ein paar Jahren hat mich eine Einladungsmail von Xing (damals noch openBC) überzeugt: »Folgende Mitglieder bei openBC könnten Sie schon kennen« – stimmt. Vier Jahre lang war ich dort angemeldet, jetzt bin ich raus.

Eine Sache hat Xing richtig gemacht: Netze schaffen.

Die relevante Sache hat Xing aber falsch gemacht: Netze zu nutzen. Adieu, alte Tante Xing weiterlesen

Gekommen um zu bleiben? Piraten politikwissenschaftlich.

Bleibt die Piratenpartei bestehen? Aus politikwissenschaftlicher Sicht sehe ich zwei Aspekte, die es zu bedenken gilt: Paradigmenwechsel und Konfliktlinien.

Die Digital-natives-These stützt die Annahme eines Paradigmenwechsels: Wer mit dem Netz großgeworden ist, hat einfach einen völlig anderen Erfahrungshintergrund und bewertet vieles völlig anders – so wie heute Platons Kritik an der Schriftlichkeit im Phaidros bestenfalls noch nachzuvollziehen ist, aber niemand die These auch nur ernsthaft erwägen würde.

Konfliktlinien nimmt man traditionell (Cleavage-Theorie nach Lipset und Rokkan), um Parteientstehungen zu erklären: Säkular–klerikal, Stadt–Land, Arbeit–Kapital, Zentrum–Peripherie. Die deutsche Parteienlandschaft kann man wunderbar anhand solcher Konfliktlinien erklären.

In Kombination heißt das dann: Die Piratenpartei hat dann keine Zukunft, wenn die Paradigmenwechselthese völlig zutrifft. Dann übernehmen die etablierten Parteien auch Piratenstandpunkte, sobald ihre Protagonisten jung genug sind. Die Piratenpartei bleibt ein Intermezzo.

Solche Effekte sieht man bei FDP und Grünen: die SPD mit ihrer Neuen Mitte und die CDU mit ihrem Leipziger Programm haben zu einer schwächeren FDP geführt, und wenn Umweltthemen Mainstream werden, führt das dazu, daß die Grünen nicht allein darauf setzen können. (Das führt dazu, daß FDP und Grüne verstärkt sich auf der Konfliktlinie Freiheit–Sicherheit profilieren, die nicht zum klassischen Set von Lipset und Rokkan gehört. Was passiert, wenn die für die Grünen postulierte Konfliktlinie postmaterielle vs. klassische Werte weniger wichtig wird, da die Postmateriellen ein im Rückgang begriffenes Leitmilieu sind, steht in den Sternen.)

Die Piratenpartei kann dann Erfolg haben, wenn sich eine Konfliktlinie findet, die für die Öffentlichkeit hinreichend interessant ist. Das kann Freiheit–Sicherheit sein (dort aber eben mit der großen Konkurrenz durch die etablierten kleineren Parteien), die etwa im Bereich Urheberrecht ausbuchstabiert werden muß: Wenn dieses Problemfeld geschickt transportiert ist, wenn die kulturelle Dimension von Remixes und Mashups transportiert wird, wenn die Relevanz für den Normalbürger deutlich gemacht wird, sehe ich hier eine Konfliktlinie, die erhalten bleibt. Das Interesse der Content-Verwertungsindustrie und die absolute Geltung geistigen Eigentums (Sicherheit) einerseits , die Interessen der Öffentlichkeit, Kunst und Wissenschaft (Freiheit) andererseits.

Dumm nur, daß die Kulturschaffenden das selbst noch nicht begriffen haben, wie der Heidelberger Appell zeigt. Denen müßte man klarmachen, daß Open access, Remix und Mashup kein neumodischer und gefährlicher Blödsinn ist, sondern in ihrem ureigensten Interesse ist. Goethes Faust (Manns Dr. Faustus), die Dreigroschenoper, Merz-Kunst, Kempowskis Echolot: Alles Remixes.

Nachtrag: War ja klar, daß andere die Idee auch schon hatten: Entern die Piraten die Parteienlandschaft? bei Blog ohne Namen und Piratenpartei: Träumt weiter! bei untergeek.

Schafft ein, zwei, viele Usenets

Heute war Twitter down. Twitter selbst spricht von einem DoS-Angriff, zur Stunde ist noch nicht bekannt, wer daran schuld ist. Spekulationen blühen auf, so etwa bei Claudia Sommer:

Beide Dienste [sc. Twitter und Facebook] ermöglichen Gegenöffentlichkeit und Protest. Etwas was manche etablierten Institutionen nicht gerne sehen… Stichwort: Iran
[…]
Dies ist der wahre Kampf der Kulturen und nicht der Westen gegen den Islam.

Mir kommt es (noch) etwas paranoid vor, ein freiheitsfeindliches, staatsgesteuertes Cyber-SEK dahinter zu vermuten. Ich habe eine ganz andere Befürchtung: Natürlich haben wir mit Twitter, Facebook und dem ganzen Social web eine nie dagewesene Möglichkeit, Gegenöffentlichkeit zu erzeugen. Das ganze ist aber ein erschreckend monolithischer Block. In Sachen Iran wurde Twitter wegen seiner API gelobt: Man konnte twitter.com zwar sperren, nicht aber die vielen Mashups und Anwendungen, die darauf zugreifen.

Das offensichtliche Problem: Solange es einen Single point of failure gibt, nützt die schönste API nichts. Das hat sich (unter anderem) heute gezeigt. John Gilmore konnte 1993 noch sagen: The Net interprets censorship as damage and routes around it. (Auf seiner dezidiert Web-1.0-igen Seite erklärt er, daß es dabei ursprünglich um das Usenet ging.) Um ein kaputtes twitter.com kann man nicht herumrouten.

Kulturell mögen wir uns als Netizens (sagt man heute noch so?) als Avantgarde verstehen können: Als Bürgerjournalisten, als Gegenöffentlichkeit, als Prosumer, als Sender und Empfänger, als kommunizierende Röhren. Technisch ist vieles im Web 2.0 gerade nicht avantgardistisch. Wenn dieser »Kampf der Kulturen« gegen Zensoren, Netzausdrucker und alte Herren mit Kugelschreibern gewonnen werden soll, müßte es eine Rolle rückwärts geben: Hin zu verteilten, dezentralen Systemen. Gilmore: That’s the kind of society I want to build. I want a guarantee – with physics and mathematics, not with laws – that we can give ourselves real privacy of personal communications.

Twitter muß mehr Usenet werden. Usenet in sexy.