Folien: Netz und Verband. Strukturwandel der Öffentlichkeit, Strukturwandel der Jugendverbände?

Am 25. September habe ich für die Konferenz der Landesjugendringe in Schwerin ein Impulsreferat zum Thema »Netz und Verband. Strukturwandel der Öffentlichkeit, Strukturwandel der Jugendverbände« vorgetragen. Die ausführlich kommentierten Folien sind jetzt online.

Außerdem habe ich die Liste meiner kommenden Vorträge und Workshops aktualisiert. In nächster Zeit: viel Strukturwandel der Öffentlichkeit, Subsidiarität, Selbstmarginalisierung des politischen Katholizismus, Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen im Netz, Social-Media-Praxis für die Jugendverbandsarbeit.

Linktip: Religion Dispatches

Religion Dispatches ist ein Online-Magazin zu theologischen und kirchlichen Themen (»dedicated to the analysis and understanding of religious forces in the world today, highlighting a diversity of progressive voices and aimed at broadening and advancing the public conversation«), das viel öfter verlinkt werden sollte – etwa für Artikel wie den gestern unter dem Titel »Vatican: Gay Rights Opponents are Real Victims« erschienenen. Der trockene Titel steht über einem angenehm unaufgeregten, sachlichen Essay zum Thema Homosexualität aus theologischer Sicht, das unter anderem das prekäre Naturrechtsverständnis des Lehramts aufgreift, dem ich praktischerweise – ich habe das anderswo ausgeführt – sehr zustimmen kann:

There is an easy solution to the hierarchy’s increasing distance from the laity and ordinary clergy: just as the Church finally acknowledged slavery and racial segregation to be wrong and finally recognized full equality for black people, it can acknowledge that homophobia and sexual orientation discrimination and violence are wrong and recognize that sexual orientation and gender identity are social realities in our complex world. Otherwise, the Church lends legitimacy to violence based on sexual orientation and gender identity. The Church is not the victim.

White and nerdy

Ein Fall von ganz schlimmem Nerdtum ist wohl, wenn man bei Nerdcore (!) das hier liest:

[…] genauso wie wir im Grunde niemals etwas wirklich berühren, sondern es lediglich die Elektronen-Orbitale sind, die sich gegenseitig abstoßen […]

Und der erste Gedanke ist: Da hat der Heidegger wieder mal recht (sort of …), und man die Stelle in »Sein und Zeit« auf Anhieb findet (§ 12, S. 55):

Von einem »Berühren« kann streng genommen nie die Rede sein und zwar nicht deshalb, weil am Ende immer bei genauer Nachprüfung sich ein Zwischenraum zwischen Stuhl und Wand feststellen läßt, sondern weil der Stuhl grundsätzlich nicht, und wäre der Zwischenraum gleich Null, die Wand berühren kann. Voraussetzung dafür wäre, daß die Wand »für« den Stuhl begegnen könnte. Seiendes kann ein innerhalb der Welt vorhandenes Seiendes nur berühren, wenn es von Hause aus die Seinsart des In-Seins hat – wenn mit seinem Da-sein schon so etwas wie Welt ihm entdeckt ist, aus der her Seiendes in der Berührung sich offenbaren kann, um so in seinem Vorhandensein zugänglich zu werden. Zwei Seiende, die innerhalb der Welt vorhanden und überdies an ihnen selbst weltlos sind, können sich nie »berühren«, keines kann »bei« dem andern »sein«. Der Zusatz: »die überdies weltlos sind«, darf nicht fehlen, weil auch Seiendes, das nicht weltlos ist, z. B. das Dasein selbst, »in« der Welt vorhanden ist, genauer gesprochen: mit einem gewissen Recht in gewissen Grenzen als nur Vorhandenes aufgefaßt werden kann.

In eigener Sache: Facebook und Vortragsreisen

In eigener Sache möchte ich zwei neue Dinge ankündigen:

  • Facebook-Fan-Seite für das Blog: Unter facebook.com/fxneumann.de kann man nun auch per Facebook über aktuelle Artikel hier im Blog informiert werden. Anlaß dafür war, daß mich immer wieder Kontaktanfragen per Facebook erreichen von Leuten, die keinen RSS-Reader benutzen und dennoch auf dem Laufenden bleiben wollen. Ganz unabhängig von der Debatte um den Tod von RSS – Bedarf scheint da zu sein.
  • Ich habe eine Seite ergänzt, die meine Vorträge und Workshops sammelt mit Links zu den Folien und Artikeln, die daraus entstanden sind. Einmal, um selbst den Überblick zu behalten, aber auch als Portfolio: Sollte der geneigte Leser, die geneigte Leserin also einen Vortrag oder Workshop zu den Themen dieses Blogs wünschen – ich komme gerne und bin (noch!) günstig.

That’s matrimony

Breaking news heute abend: Guido Westerwelle und Michael Mronz haben geheiratet, und alle relevanten Onlinemedien berichten. Vermutlich ist es nur derselben Agenturmeldung und demselben Bild-Artikel als Quelle zu verdanken, daß so unisono davon berichtet wird. Und dennoch: Daß alle, auch die konservativen, von der FAZ über die NZZ zur Welt selbstverständlich mit Begriffen wie »Heirat« und »Trauung« berichten, dann kann man das zwar – wie Gaywest – als mangelnde Detailtreue auffassen, weil die Ehe der beiden ja rechtlich mitnichten als Ehe anerkannt ist.

Man kann es aber auch so sehen: politischer Aktivismus ist eine Sache, die für die rechtliche Gleichstellung Homosexueller nötig ist, und da ist es immer wieder nötig zu sagen, daß gleichgeschlechtlich Liebende eben keine Ehe im rechtlichen Sinn eingehen können. Ebenso wichtig – und ich würde sogar sagen: noch wichtiger – ist aber doch, daß mit solchen bei Licht betrachtet eher nachrichtenarmen Gossip-Artikeln es auch eine kulturelle Selbstverständlichkeit wird, daß, wenn zwei Menschen sich lieben und sich das verbindlich zusagen, das nicht irgendein wie auch immer staatlich reglementiertes vertragsähnliches Gebilde ist – sondern eine Ehe.

Aktuelle Antworten

Rückstand aufgeholt, erster Teil: Die ausstehenden Formspring-Fragen sind beantwortet – es ging um die Antifa, Frauenquoten, StreetView, Deontologie, generisches Maskulinum, Spaßreligionen und PID. Eventuelle neue Fragen beantworte ich jetzt wohl zeitnäher – einfach fragen!

Pinochet, rinks, lechts

Christine Haderthauer so:

»ein weiterer Beweis dafür, dass die FDP inhaltlich konzeptlos herumschlingert zwischen Klientelpolitik für Superreiche und sozialistischer Familienpolitik à la Pinochet«, und: »Für Bürgerliche sei es ›ein verheerendes Signal, dass Familien, die nicht im Sozialleistungsbezug sind, nichts wert sind‹.«

Ich so: 1. ad »Pinochets sozialistische Familienpolitik«: Schön, daß die CSU (zumindest Teile davon) ihre Chile-Politik seit Franz-Josef Strauß geändert hat, andersrum ist es aber ebenso blödsinnig. (Oder wird hier subtil eine Totalitarismustheorie ausgearbeitet: Alles Extremisten?) 2. Interessant, daß Transferleistungen für den Staat das sine qua non von Wertschätzung für Familien sind. Daß die Aufgabe des Staates nicht ist, anerkennend Wohlverhaltensprämien zu zahlen (»Bürgerliche« sollten auch gut ohne auskommen können), sondern subsidiär Hilfe zu leisten und freie Entscheidungen anzuerkennen, scheint Haderthauer nicht in den Sinn zu kommen.

Polemisches Ratespiel

Ein Rätsel zum Wochenende:

Ich kenne Menschen, die unendlich viel „lesen“, und zwar Buch für Buch, Buchstaben um Buchstaben, und die ich doch nicht als „belesen“ bezeichnen möchte. Sie besitzen freilich eine Unmenge von „Wissen“, allein ihr Gehirn versteht nicht, eine Einteilung und Registratur dieses in sich aufgenommenen Materials durchzuführen. Es fehlt ihnen die Kunst, im Buche das für sie Wertvolle vom Wertlosen zu sondern, das eine dann im Kopfe zu behalten für immer, das andere, wenn möglich, gar nicht zu sehen, auf jeden Fall aber nicht als zwecklosen Ballast mitzuschleppen.

Von wem stammt diese Definition richtigen Lesens?

  1. Jaron Lanier
  2. Frank Schirrmacher
  3. Susanne Gaschke
  4. jemand ganz anderem

Die Lösung gibt es in den Kommentaren.