Erschienen: Was ist konservativ?

Was ist konservativ
Markus Porsche-Ludwig & Jürgen Bellers (Hg.):
Was ist konservativ? Eine Spurensuche in Politik, Philosophie, Wissenschaft, Literatur. Nordhausen 2013.

Für das von Markus Porsche-Ludwig und Jürgen Bellert herausgegebene Buch »Was ist konservativ? – Eine Spurensuche«, das seit dieser Woche auf dem Markt  ist, habe ich die Frage »Was ist konservativ« (in illustrer Gesellschaft) beantwortet:
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Bizarre CC-Geschäftsmodelle

Meine Artikel stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz, die eine kommerzielle Verwendung erlaubt (Begründet habe ich das auch mal.). Das korrespondiert mit meiner Sicht auf den Komplex Urheberrecht und Werkherrschaft: Sobald man etwas in die Öffentlichkeit stellt, ist es vorbei mit Werkherrschaft, und warum etwas verknappen, das dem Wesen nach nicht knapp ist? Ich schätze die Umsetzung von Unternehmergeist, wie sie von CC-Lizenzen ohne eine NC-Bedingung ermöglicht wird. Dazu Kritikant:

[D]ieses Modell [ermöglicht es], dass jemand, der eine richtig gute Idee hat, wie man aus einem Werk Kapital schlagen kann, weil er es auf bestimmte Weise erweitert, oder Dienste drumherum anbietet o.ä. das einfach tun kann.

Das treibt gelegentlich seltsame Blüten, die dann durchaus auch jenseits der Grenzen guten Anstands sein können. Auf eine Instanz bin ich dieser Tage hereingefallen: Der dem Netz ansonsten unbekannte Max Nemstein hat einen beeindruckenden Output an relativ teuren (von 34 bis 79 Euro) Taschenbüchern, alle im »Verlag« FastBook Publishing erschienen, alle zu gerade aktuellen Themen. Ich hatte mir »Piratenpartei Deutschland: Wer sie ist, was sie bietet, wie sie Wähler kapert« bestellt und fand: 21 Artikel aus der Wikipedia, über die Buchfunktion der Wikipedia hergestellt. Die neueren Kompilationen Nemsteins tragen den (50er-retro-) Slogan »Aktuell und IN – hier ist Wikipedia drin«, bei den meisten gibt es gar keinen Hinweis darauf. (Zum Glück kann man per Amazon-Rezension warnen.) Auch wenn ich (unter uns Kleinganoven) die Chuzpe Nemsteins bewundere – ich hoffe, daß auch hier Hayek greift: »Es ist eine Hauptaufgabe des Wettbewerbs zu zeigen, welche Pläne falsch sind.«

… jedes ß ein Protest gegen die Hybris staatlicher Allzuständigkeit

Auf Formspring.me wurde ich gefragt, warum ich in alter Rechtschreibung schreibe. Da das etwas länger ist, landet die Antwort hier im Blog.

Ich schreibe nicht nach alter Rechtschreibung, jedenfalls nicht in strenger Obödianz des Altschreib-Dudens letzter Hand (das ist die 20. Auflage von 1991 – habe ich schon mal erwähnt, daß ich Rechtschreibduden sammle?). Wenn ich vorgebe, nach Regelwerk zu schreiben, dann verweise ich auf den Ickler – Normale deutsche Rechtschreibung. (Und damit meine Rechtschreibung nicht deformiert wird, wende ich, wo neue verlangt wird, einfach die neue ß-Regelung an. Merkt niemand.)

Dahinter stecken zwei Gründe: Es ist mir zuwider, wenn staatliche Macht in die gesellschaftliche Sphäre übergriffig wird. Es ist schlicht nicht in der Kompetenz des Staats, die Rechtschreibung zu regeln. Und ich halte eine nach gewachsenen ästhetischen Regeln normierte Sprache (bzw. ihre Verschriftlichung) für der Sprache angemessener als eine am Reißbrett erfundene Planorthographie.
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Wahrheit ist keine Kategorie des Politischen

Direkte Demokratie ist kein Anwendungsfall der »Weisheit der Massen«, auch wenn das immer wieder gerne ins Feld geführt wird, wenn für direkte Demokratie argumentiert wird. (Jüngst etwa in den Kommentaren zu David Pachalis auch ansonsten lesenswertem Artikel Medienhype ums Minarett.)

Der Argumentation liegt eine Fehleinschätzung zugrunde: Die Weisheit der Massen und Politik beschäftigen sich mit unterschiedlichen Arten von Urteilen: Hier Sachurteile, dort Werturteile.
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Tocotronic, schwarz-gelb

Der bis dato jüngste Kommentar zu Tocotronics »Pure Vernunft darf niemals siegen« auf Youtube, geschrieben von DominikDrinkhahn, lautet lapidar »Das Lied zur Schwarz-Gelben Regierung!«

Solch kryptisch-kurzen Urteile verstehe ich selten. Was will der Autor uns damit sagen? Versuch einer Deutung.
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So einfach ist das?

Wenn man sich als liberal outet, nicht nur als links- oder bürgerrechtsliberal, sondern wirtschaftsliberal, dann ist das tatsächlich ein Outing: Wie kann man denn nur, und in Afrika verhungern Kinder, und der kleine Mann – man muß nur Twitter, Facebook, die Presse verfolgen, um den Eindruck zu erhalten, die FDP, oder auch der »Neoliberalismus« (nehmen wir den Begriff mal nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung, sondern in der Attac-Grusel-Vokabular-Variante), sei der leibhaftige Gottseibeiuns. (Nicht daß die Klientelpartei FDP das beste Beispiel für Wirtschaftsliberalismus wäre; im Parteienspektrum sind sie aber immer noch die liberalste Variante der Sozialdemokratie, die Deutschland zu bieten hat.)

Der häufigste Vorwurf, den ich höre, wenn ich für eine freie Marktwirtschaft plädiere: Du machst es Dir zu einfach! Einfach alles liberalisieren, und es läuft von allein? Adam Smiths unsichtbare Zauberhand hat nicht viel Kredit. Macht es sich der Liberalismus zu einfach? Oder macht es sich eine politische Sicht zu einfach, die glaubt, man könne so einfach eine Gesellschaft planen? Einfach guten Willen in Politik umsetzen?
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Piraten, Gender und Pragmatik

In den letzten Tagen tobt durch die Blogosphäre eine Debatte um die Geschlechtergerechtigkeit der Piratenpartei. Die Positionen waren im wesentlichen einerseits, daß für die Piratenpartei Genderfragen kein Thema seien, da man nicht diskriminiere und offen sei, andererseits, daß es gerade das Problem sei, daß Genderfragen nicht thematisiert werden.

Hier prallen idealtypisch zwei fundamental verschiedene Positionen aufeinander: Eine szientistische und eine Standpunkttheorie. Die Piraten (begünstigt durch die Zusammensetzung der Partei, die sich zu großen Teilen aus ingenieurswissenschaftlich orientierten und affinen Hintergründen rekrutiert) tendieren zu einer szientistischen Sichtweise: Sie verstehen sich selbst als bewußt pragmatische und am gesunden Menschenverstand orientiert und grenzen sich von Ideologien ab (daher auch meine Zuordnung zu einem radikalen Zentrismus). Das Entscheidungsparadigma scheint jener kluge Aphorismus von Karl Kraus zu sein:

In zweifelhaften Fällen entscheide man sich für das Richtige.

An diesem Aphorismus kann man sehen, warum ein solches Politikverständnis nicht funktionieren kann: Natürlich ist der Grundsatz unbestritten, nur ist die Natur des Zweifelsfalls ja gerade, daß das Richtige nicht offensichtlich ist.
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Thatcher zitieren

Muß man Margaret Thatcher immer falsch zitieren, Herr Meyer?

Und auch sonst: was das sein soll, lechts und rinks, verstehe ich immer weniger; was »ultrarechts« sein soll (außer einer pauschalen Diffamierung), schon gar nicht. (Hayek? Friedman? Bitte!)

Wenn Sie aber schon Kennedy abgewandelt zitieren, dann sollten Sie doch wenigstens kenntlich machen, wenn Sie Thatcher verkürzt zitieren. Das vollständige Zitat lautet nämlich so: »They are casting their problems at society. And, you know, there’s no such thing as society. There are individual men and women and there are families. And no government can do anything except through people, and people must look after themselves first. It is our duty to look after ourselves and then, also, to look after our neighbours.« Das ist mir weit sympathischer als ein Kennedy, der in der Ursprungsversion (Sie gestatten mir ein ähnlich selektives Zitieren, wie Sie es mit Thatcher machen) des von Ihnen angespielten Zitats fordert, das Land und den Dienst daran in den Mittelpunkt zu stellen.