Staat, Kirchen, Rechtsform?

In Baden-Württemberg sollen die Zeugen Jehovas nach Willen der Landesregierung nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Privilegien einer offiziell anerkannten und verfaßten Religionsgemeinschaft bekommen. Daß sie damit nicht steuerlich bessergestellt werden, daß sie keine Rundfunk-Sendezeit eingeräumt bekommen, daß sie nicht in Rundfunkräte kommen, ist mir durchaus sympathisch – Sympathie ist aber im Verhältnis zum Staat keine gute Richtschnur.

Die Begründung der Landesregierung jedenfalls zeigt, daß das Konstrukt KdÖR im Staatskirchenrecht (und die damit verbundenen Privilegien) als Organisationsform grundsätzlich problematisch ist.
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Aktuelle Antworten

Rückstand aufgeholt, erster Teil: Die ausstehenden Formspring-Fragen sind beantwortet – es ging um die Antifa, Frauenquoten, StreetView, Deontologie, generisches Maskulinum, Spaßreligionen und PID. Eventuelle neue Fragen beantworte ich jetzt wohl zeitnäher – einfach fragen!

Nur noch ein Gott kann uns retten

Formspring kann jetzt auch nach WordPress exportieren. Tolle Sache!

Kant hat eigentlich schon alles gesagt (»Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee«) – ich glaube nicht, daß sich die Theodizeefrage so beantworten läßt, daß man zu einer Antwort in der Form »Deshalb gibt es das Leid« kommen kann.

Es bleibt nur die Hoffnung auf Versöhnung.
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Thomas Morus – (kein) Heiliger für die Ökumene

Heute ist nicht nur Konrad Zuse, sondern auch Thomas Morus, Patron der Politiker und der KjG; aus diesem Anlaß heute ein Text, den ich schon vor einiger Zeit für die Zeitschrift Rumms…!! des KjG-Diözesanverbands Würzburg geschrieben habe.

Ökumene ist in der KjG kein Thema. Wir beschäftigen uns mit Umwelt, mit der Einen Welt, mit Rechtsextremismus – aber Ökumene kommt kaum vor. Vielleicht kennt man vor Ort den CVJM oder eine andere evangelische Jugendgruppe. Aber wann gab es das letzte mal eine Kooperation?

Liegt das vielleicht daran, dass unser Patron der heilige Thomas Morus ist? Zur Erinnerung: Thomas Morus wurde geköpft, weil er sich weigerte, der Staatskirche Treue zu schwören, die König Heinrich VIII. von Rom abgespalten hatte. Zu Lebzeiten war der Humanist Thomas Morus ein wortgewaltiger Gegner Martin Luthers. So schreibt er in seiner Responsio ad Lutherum (Antwort an Luther), mit der er sich gegen die Reformation wandte:

Luther ist ein Mensch, in dessen Feder nichts als Verleumdungen, Lügen und Betrug steckt; in dessen Geist nichts als Gift, Schwulst und Böswilligkeit steckt; er hat nichts im Kopf außer Torheit, Wahnsinn und Irrsin; er führt nichts im Mund als Mist, Dreck und Dung.

Keine gute Basis für ein gutes ökumenisches Miteinander, scheint es. Die Zeiten damals waren andere: Noch war die Kirche im Westen geeint (die Ostkirche und die römische Kirche hatten sich schon 1054 voneinander gespalten), und Morus ging es darum, diese Einheit zu bewahren. (Ob die Sprache, der sich sowohl Morus wie Luther bedienten, dazu diente, ist eine andere Frage.)

Die Spaltung der Kirche in verschiedene Konfessionen ist heute eine Tatsache. Morus als einen Heiligen für die Ökumene zu entdecken kann heißen, diese Spaltung nicht einfach hinzunehmen: Als Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen sind wir nicht einfach Mitglied in ähnlichen, aber verschiedenen Vereinen. Thomas Morus als Heiliger für die Ökumene ist ein Stolperstein: Sein wortgewaltiges Streiten für eine einige Kirche erinnert daran, dass es immer noch ein Ärgernis ist, dass die Kirche gespalten ist. Aber heute wie zu Lebzeiten von Morus und Luther bringt es nichts, den anderen die Andersheit vorzuwerfen: Es kommt darauf an, an einem Miteinander zu arbeiten. Ein Nebeneinander der Konfessionen reicht nicht aus.

Vielleicht entdecken wir nicht trotz, sondern mit Thomas Morus Ökumene als Thema für die KjG.

Ausgerechnet die Kirche?

Die Süddeutsche Zeitung hat unter dem Titel »Zollitsch: Reiche stärker besteuern« eine Meldung der DPA (dort noch neutraler mit »Zollitsch: Spitzen-Einkommen stärker besteuern« überschrieben) aufgegriffen. Der Inhalt ist reichlich unspektakulär, auf dieser Linie argumentiert die Kirche schon seit langem.

Interessant finde ich, wie die Süddeutsche den Text anteasert: »Ausgerechnet die katholische Kirche plädiert nun auch dafür, den Reichen höhere Steuern abzuknöpfen.« Warum »ausgerechnet«? (Erklärt wird es im Artikel nicht.) Aus diesem Anreißer lese ich eine nicht durch Sachkenntnis, sondern durch Ressentiments getriebene Berichterstattung. Wie kommt man sonst auf dieses »ausgerechnet«? Dahinter scheint mir eine lose Assoziationskette Kirche = CDU = Mächtige = Reiche = für Privilegien von Reichen zu stehen, bestenfalls abgesichert durch aktuelle Spiegel-Lektüre und Böll-Lektüre aus vergangenen Tagen (»sollte es Ihnen […] einfallen, Zweifel am (unausgesprochenen) Dogma von der Unfehlbarkeit der CDU zu äußern, so wird Pfarrer U. auf eine nervöse Weise ungemütlich und unsubtil«, Brief an einen jungen Katholiken).

Mit der katholischen Soziallehre hat dieses »ausgerechnet« nicht zu tun. Mit der Trennung von Meinung und Berichterstattung – im DPA-Text funktioniert das noch gut – auch nicht. Wenn dann wenigstens die Meinung fundiert wäre!

(Inwiefern die Kirche selbst dafür verantwortlich ist, daß sie zu einem solchen »ausgerechnet« Anlaß gibt, wäre freilich auch zu überlegen. Franziskus wußte schon, warum er die Armut so hoch schätzte.)

Die Wahrheit wird euch freimachen

Gestern war ich im Kloster St. Peter im Schwarzwald. Der Diözesanpastoralrat (ein Beratungsorgan des Erzbischofs) tagte, und während es um eine Weiterentwicklung der pastoralen Leitlinien, um die Kirchenaustrittszahlen und den Mißbrauch in der Kirche ging, zog übers Telefon via Twitter der völlig berechtigte Shitstorm gegen das Bistum Regensburg, ausgelöst durch den Artikel Stefan Niggemeiers, der für eine bloße sachliche Darstellung des Vorgehens des Bistums abgemahnt wurde.

Das Bistum Regensburg stellt sich mit seiner Einschüchterungskampagne gegen freie Berichterstattung nicht nur gegen die Grundlage unserer Demokratie (Stefan Niggemeier führt das im verlinkten Artikel aus), es zieht auch die Kirche in den Schmutz: Die Theologie, die aus seinem Handeln folgt, ist eine Theologie der Ängstlichkeit und Enge. Aus ihr kann nur gefolgert werden kann, daß die angebliche Wahrheit, die die Kirche in Christus hat, so wahr nicht sein kann.
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Leitkultur. Der Gott der Politiker

Aygül Özkan wurde als Ministerin vereidigt. Ganz Christdemokratin ergänzte sie ihren Eid mit »so wahr mir Gott helfe« und schickte eine Erklärung hinterher, daß sie die Formel nicht exklusiv-christlich, sondern inklusiv-monotheistisch verstanden haben will. Hält man sonst immer den universalen Charakter des Gottesbezugs in der Verfassung hoch (der sich, genauso wie das Kreuz in der Schule, natürlich und selbstverständlich nicht gegen andere Religionen als das Christentum richte), paßt das in der Praxis angewendet auch nicht. Die Bild fragt suggestiv »Welchen Gott meinten Sie Frau Özkan?«

Daraus wird dann in der Welt »Kirchen stört die Gottesformel«. Die Welt hat schon begriffen, worum es der Bild geht: Das Christentum als Leitkultur. Das ist schon theologisch Unsinn. Politisch zeigt sich die Fragwürdigkeit einer in ihrem Streben nach Macht, Deutungshoheit und Einfluß sich selbst ihrer Grundlagen entziehenden Kirche.
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Homosexualität: Widerspruch aus Loyalität

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff hat der Frankfurter Rundschau ein bemerkenswertes Interview gegeben: Schwule Liebe »verdient Rückhalt« ist es überschrieben.

Endlich spricht einmal ein renommierter Moraltheologe offen und mit großer Sensibilität ein Thema an, das ich für eines der größten Probleme in meiner Kirche halte: Daß die Lehre der katholischen Kirche Homosexualität und damit die Liebe zwischen Menschen diffamiert und so die Würde dieser Menschen in den Dreck zieht.
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Deutschland unterm Kreuz

Aygül Özkan, designierte Sozialministerin in Niedersachsen, steht für einen säkularen freiheitlichen Staat auf dem Boden des Grundgesetzes. Ganz im Gegensatz zu ihrer Partei, der CDU. Ich hoffe, daß es Rückgrat und nicht Naivität ist, daß sie sich so offen gegen den CDU-Mainstream stellt, indem sie sich gegen religiöse Symbole in Klassenräumen ausspricht. Die Süddeutsche kommentiert sehr treffend: »Keiner konnte ahnen, dass die 38-jährige Aygül Özkan einen eigenen Kopf hat, den sie dummerweise auch noch einschaltet.«

Die lebhafte Debatte spült den gerechten Volkszorn der christdemokratischen Alpenayatollas und Deichmullahs nach oben. Geprägt ist die Position weiter Teile der CDU von einem völlig verfehlten Verständnis von Öffentlichkeit und Religionsfreiheit – aber auch einer Geringschätzung des Glutkerns des christlichen, eben Christus und seinem Tod am Kreuz.
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Wer besudelt hier wen?

Zum aktuellen Titanic-Titel habe ich noch nichts geschrieben; ich halte ihn für einen extrem zuspitzenden, aber guten Kommentar.

Norbert Geis hat nun in der Tagespost einen Artikel veröffentlicht, den ich für den eigentlichen Skandal halte: »Unüberbietbare Besudelung«.

Theologisch verwischt er die Kernbotschaft des Christentums, und politisch dehnt er den § 166 StGB (den alten »Gotteslästerungsparagraphen«) so weit, daß der Staat nur noch vordergründig ein säkularer bleibt (da muß man sich dann über die Außenwirkung des Christentums nicht wundern).

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