Es gab noch andere Leitthemen der re:publica, neben den Kindern (und überhaupt sind diese gefühlten Leitthemen ja alle sehr subjektiv bei diesem enormen Programm). Die Frage, wie es strategisch mit Netzpolitik weitergeht, und Kirchentagsvergleiche. Beides läßt sich auch zusammenbringen: Die Netzpolitik kann von Kirchentagen dazulernen.
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Schlagwort: Netzpolitik
Netzgemeinderat
In seiner aktuellen SpOn-Kolumne sagt Sascha Lobo wieder viel kluges. Eine Sache ist mir dabei nicht klar – die mit der Interessensvertretung:
Netzpolitik interessiert nur Leute, in deren Alltag spitze Klammern eine Rolle spielen. Für alle anderen, denen das Internet trotzdem so wichtig ist wie fließendes warmes Wasser, ergibt sich Handlungsbedarf erst, wenn es tatsächlich schmerzhaft wird. Oder zumindest so aussieht. Die digitale Infrastruktur ist nämlich so abstrakt, dass die Möglichkeit ihrer hypothetischen Bedrohung nur im Ausnahmefall breitenwirksam ist. Daraus folgt eigentlich, dass es eine Interessenvertretung der Internetnutzer geben müsste.
Die eine Interessensvertretung der Netznutzenden – das ist ein Vorschlag, der ziemlich alt ist und immer wieder kommt in verschiedenen Formen: Bloggewerkschaft, Netzpartei, Rechtshilfefonds (ich habe das auch einmal angedacht) – und es ist auch wirklich ein schöner Gedanke, wenn die Netzgemeinde auch einen Netzgemeinderat hat. Ich frage mich, was Sascha Lobo hier genau meint – entweder kann es diese Interessensvertretung nicht geben, oder es gibt sie schon in Ansätzen.
Die Netzpolitik gibt es nicht. Jedenfalls: Nicht mehr – und das ist eine gute Sache. Netzpolitische Fragen sind politische Fragen – das bedeutet: Es gibt Alternativen, es sind Werturteile zu fällen – es gibt keine objektiv wahren Lösungen. Lange waren Netzfragen auf einem grundsätzlichen Niveau, daß die Illusion einer einheitlichen Meinung, eines einheitlichen Interesses der Netznutzenden bestand. Umso mehr, als daß die Netznutzenden früher eine viel homogenere Gruppe waren. Das bricht immer mehr auf: In den Parteien wird Netzpolitik zunehmend relevanter eingeschätzt, und damit einher geht die Ausbildung unterschiedlicher Netzpolitiken auf der Basis unterschiedlicher Werthaltungen. Selbst die Netzgemeinde ist so einheitlich nicht – die Konfliktlinie Datenschutz zum Beispiel, zwischen Aluhüten und Spackeria, geht mitten durch sie hindurch. Für eine allgemeine Interessensvertretung ist das natürlich schlecht, für den politischen Diskurs, der vom Widerstreit der Argumente lebt, ein Gewinn.
Die Interessensvertretung kann es daher nicht geben. Einzelne Lobbyorganisationen können sich aufspreizen zu der Interessensvertretung mit einem umfassenden Anspruch. Auf anderen Politikfeldern gibt es das auch; der Bund der Steuerzahler etwa oder Fahrgastverbände. (»Verbraucherschutz« generell scheint diese paternalistisch angehauchte advokatorische Allvertretungsattitüde zu prägen.) Andere politischen Akteure verzichten auf diesen Ruch des Allgemeinen und agieren offener als Lobbyorganisationen oder parteiische Thinktanks. Was es netzpolitisch schon gibt, sind Thinktanks; mit BVerfG und Enquete-Kommission hat der CCC in Sachen Etabliertheit fast schon einen Joschka gepullt. Im Aufbau ist das (partei-)politische Vorfeld der 2. Generation mit Organisationen wie D64 und C-Netz. (Die erste Generation waren die »virtuellen« Gliederungen der 90er- und Nullerjahre.) Die Digitale Gesellschaft will zur schlagkräftigen Lobby- und Thinktank-Organisation werden im Stil von EFF und Quadrature du Net – und das scheint es mir auch eigentlich zu brauchen: Eine starke Lobby, die eben nicht repräsentativ die Internetnutzenden vertritt, sondern eine klare Wertbasis hat, mit der sie für ein offenes und freies Netz kämpft, die eine gewisse Breitenwirkung hat durch etablierte und respektierte Köpfe, und die allgemeinverständlich erklären und breit mobilisieren kann.
Meint Sascha Lobo das mit »Interessensvertretung«?
(Ich bin hier übrigens auch ganz parteiisch: Mich haben Markus Beckedahl und Linus Neumann im Netzpolitik-Podcast von dem anfangs sehr umstrittenen Konzept überzeugt, und ich habe sobald es möglich war die Fördermitgliedschaft in der Digitalen Gesellschaft beantragt – und das sollten möglichst viele auch tun.)
Gelesen: Julia Schramm, »Klick mich«
Ich habe Julia Schramms Buch »Klick mich. Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin« gelesen – nachdem ich einige Kritiken gelesen habe, zumeist Verrisse. (Allein mit dem Text läßt sich das kaum erklären – dazu sehr gut @silenttiffy.)
So schlecht fand ich es gar nicht, wenn ich auch einiges an verschenktem Potential sehe. »Klick mich« (der Titel war eine Vorgabe vom Verlag, im Gegenzug durften allzu gebildete Referenzen stehen bleiben, so twitterte Schramm einmal – ich habe den Tweet leider nicht mehr gefunden) ist eine Art autobiographischer Entwicklungsroman unter den Bedingungen des Netzes, und als solcher bedingt gelungen.
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Drumrum routen
Auf der Re:publica war ich bei der Session »Der digitale Dorfplatz: privat oder öffentlich?«, auf der recht schnell ein Regulierungsbedarf sozialer Netze Konsens war, wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten. Bei Sascha Lobo war es die UNO, die einen Rechtsrahmen setzen soll, bei Martina Pickhardt eine Vergenossenschaftlichung Facebooks. Jedenfalls sei Facebook allein unter Regulierung der Betreiberfirma kein tragbarer Zustand. Auch recht schnell Konsens war, daß die Metapher vom digitalen Dorfplatz nur als Stabreim bestehen kann.
Was den Dorfplatz angeht, stimme ich zu – nur die Frage nach der Rolle privatwirtschaftlicher Akteure und deren Regulierungsbedarf finde ich so einfach nicht zu beantworten. Auf meine Frage hin, ob nicht in der Vergangenheit Öffentlichkeit auch schon unter privaten Regulierungsregime konstituiert wurde, und damit in dieser Hinsicht gar keine völlig neue Situation vorliege, wurde ich von Lobo recht knapp abgekanzelt, das sei überhaupt nicht zu vergleichen.
Meine Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen, und daher hier ein paar teilweise unsortierte Gedanken zur Situationsbeschreibung – und auch der Versuch, ein paar unfertige Ideen zu einem möglichen ordnungspolitischen Rahmen.
Jugendschutz statt Verbotspolitik
Anscheinend als Reaktion auf meinen Artikel zur Drogenfreigabe wurde auf formspring.me die Frage gestellt, wie ich das Jugendschutzgesetz ändern würde. Lösungen habe ich keine. Aber ich sehe einiges, was falsch läuft.
Als Kernprobleme sehe ich einen übertriebenen Glauben an Regulierbarkeit, zu viel Symbolpolitik und ein veraltetes Medienverständnis.
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Bloggen und Gender
Yesterday I gave a talk on »Blogging and Gender« during the »Expert’s meeting ›Media and Gender equality‹«, organized by the spanish Ministry of Equality. Here you can download my slides with notes (in English).
Gestern habe ich in Madrid beim »Expert’s meeting ›Media and Gender equality‹«, veranstaltet vom spanischen Gleichstellungsministerium im Rahmen der spanischen Ratspräsidentschaft, einen kurzen Vortrag zum Thema »Blogging and Gender« gehalten. Die Folien (auf englisch mit Anmerkungen) sind hier zu finden, der ausformulierte Vortrag folgt unten. (Für die vermutete Zielgruppe meines Blogs sollte nichts allzu neues dabei sein; die meisten düften die Diskussion in der deutschen Blogosphäre mitverfolgt haben.)
Sex mit Tieren – Netzpolitik über Bande
Ist Sex mit Tieren in Hessen ein drängendes Problem? Für eine kleine Anfrage einiger hessischer CDU-Abgeordneter »betreffend Strafbarkeit von Zoophilie« (Drucksache 18/1744) hat es jedenfalls gereicht, und das Thema ist bizarr genug, um es in die Zeitung zu schaffen. Die Anfrage zeigt aber mehr als vorgebliche dringende Probleme in den Wahlkreisen: Um Zoophilie geht es eigentlich gar nicht. Mittels einer Politik des Ekels wird eine netzpolitische Agenda vorangetrieben.
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Placebo-Knopf gegen Kinderpornographie
Auf der CeBit stellte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) einen »White-IT-Button« vor (ein Firefox-Addon), mit dem sich Kinderpornographie vom Benutzer melden läßt.
Man gibt sich modern: jetzt-loeschen.de steht unter einer CC-Lizenz, das Addon wird als Open source unter der GNU-Lizenz vertrieben, die Entwicklung über Sourceforge koordiniert: Strafverfolgung als einfacher und sympathischer Web-2.0-Mitmachdienst. Ob das ganze aber wirklich so anonym und sicher ist, darf bezweifelt werden.
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Mehr als Autofahrerpartei auf der Datenautobahn
Außer dem Zitat von den Piraten als Autofahrerpartei der Netze wurde (mit Ausnahme einer kurzen Einschätzung bei netzpolitik.org) bisher wenig zur Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Piratenpartei gesagt. Ich habe mir die Studie etwas genauer angesehen.
Das Fazit vorab: Deskriptiv ganz in Ordnung, politikwissenschaftlich und soziologisch zu wenig ausgeführt. Das größte Versäumnis der Studie ist es, zu sehr auf der Inhaltsdimension zu beharren – und ein völlig fehlendes Verständnis für die Besonderheit der Struktur der Piratenpartei.
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Anti-Parteien-Partei 2.0
Heute lagen drei Belegexemplare der »Berliner Republik« im Briefkasten. Eigentlich bereits für die letzte Ausgabe (doch dann kam überraschend das niederschmetternde SPD-Ergebnis bei der Bundestagswahl dazwischen) hatte ich einen Artikel über die Piratenpartei geschrieben, der nun unter dem Titel »Die digitale Opposition« erschienen ist.
Die Redaktion hat meinen Artikel massiv redigiert; aus meinem mäandernden hypotaktischen Stil wurde so – wie ich finde – ein fast unerträgliches Stakkato aus unverbunden aneinandergereihten Hauptsätzen – daher veröffentliche ich hier nochmal den Artikel in seiner Rohform.
Für Leser meines Blogs steht nicht viel neues drin; er faßt im wesentlichen die Artikel »Danke, Piratenpartei. Was bleibt?«, »Politische Geographie«, »Piraten, Gender und Pragmatik«, »Wahl-o-mat: Piraten als radikale Zentristen« und »Gekommen um zu bleiben? Piraten politikwissenschaftlich.« zusammen.
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